IKT - Artikelarchiv
und/oder


IKT-eNewsletter Februar 2008
<<< Druckversion aller Artikel Druckversion des akuellen Artikels >>>


IKT-Newsletter

Hemer: Kan�le �intelligent� reinigen

Die Stadtentw�sserung Hemer (SEH) nimmt am IKT-Forschungsprojekt �Bedarfsorientiertierte Kanalreinigung� teil. Dabei nutzte Hemer die Gelegenheit seine Kanalreinigungsstrategie zu �berpr�fen und nach neuesten Erkenntnissen auszurichten. Eine Diplomarbeit im Forschungsprojekt unterst�tzte die Konzeptentwicklung vor Ort.

Bedarfsorientiert � mit eigenem Personal

Bedarfsorientierte Kanalreinigungsstrategien wurden in kommunal gef�hrten Betrieben mit eigenem Fuhrpark bisher kaum umgesetzt. Die Aufwandsverminderungen im Bereich der fl�chendeckenden Unterhaltungsreinigung, die durch das Betriebswissen der Mitarbeiter erm�glicht werden sollen, gef�hrden zun�chst auch Arbeitspl�tze beim Betriebspersonal. Deswegen gibt es i.d.R. gro�e Probleme mit der Mitarbeitermotivation und �ngsten um den Arbeitsplatz. Belastbare �berwachungsdaten zu dem Ablagerungsaufkommen sind unter diesen Voraussetzungen schwierig zu erhalten. Die Basis f�r einen erfolgreichen Strategiewechsel sind daher transparente Zielsetzungen und Konzepte mit langfristigen Perspektiven f�r den Betrieb. An dieser Stelle setzt die im Rahmen des IKT-Forschungsprojektes �Bedarfsorientierte Kanalreinigung� erarbeitete Diplomarbeit an:

Diplomarbeitsthema:

Gro�bildansicht
Dipl.-Ing. Sebastian Beck

Umsetzung einer bedarfsorientierten Kanalreinigungsstrategie: Fallbeispiel Kanalbetrieb Hemer

�In dieser Diplomarbeit wurde eine bedarfsorientierte Reinigungsstrategie konkret an einem Fallbeispiel entwickelt und die erste Phase der Umsetzung unterst�tzt. Sehr interessant war f�r mich dabei der intensive, praxisnahe Einblick in die Betriebsprozesse vor Ort. Hervorragend war auch die Unterst�tzung von Stadtentw�sserung und Betriebshof in Hemer�

Dipl.-Ing. Sebastian Beck, Fertigstellung 09/2007,
Lehrstuhl f�r Siedlungswasserwirtschaft und Umwelttechnik an der Ruhr-Universit�t Bochum.

Betriebserfahrungen sind der Schl�ssel

Die Stadt Hemer, eine mittelgro�e Stadt in Nordrhein-Westfalen, reinigte ihr Kanalnetz nach der Pr�ventivstrategie alle zwei Jahre komplett, gebietsweise auch in k�rzeren Intervallen. Aufmerksam geworden durch den Erfahrungsaustausch im Rahmen der Workshops zu dem Forschungsprojekt �Bedarfsorientierte Kanalreinigung� entschloss sich die Stadtentw�sserung Hemer (SEH), ihre Kanalreinigungsstrategie �berpr�fen zu lassen. Bisher reinigte Hemer sein Kanalnetz wie vielerorts �blich nach der Pr�ventivstrategie - alle zwei Jahre komplett durch. Erkl�rtes Ziel der SEH ist es, Kan�le intelligent zu reinigen. Das hei�t, Betriebserfahrungen �ber die verschiedenen Netzbereiche mit z.B. verst�rkter Ablagerungsbildung in die Reinigungsplanung mit einzubeziehen. Selten verschmutzende Haltungen sollen weniger h�ufig als schnell verschmutzende Haltungen gereinigt werden.

Gro�bildansicht
Reinigung - abflusslose Grube
Gro�bildansicht
Kanalreinigung in Hemer

Analyse des Betriebsprofils und Zusammenf�hrung des Betriebswissens

In einem ersten Schritt wurden die betrieblichen Randbedingungen des Kanalbetriebs der Stadt Hemer aufgenommen und analysiert. Hierzu wurden Befragungen der Mitarbeiter, Begleitungen der Kanalreinigung sowie eine Auswertung von vorhandenem Datenmaterial durchgef�hrt. Im n�chsten Schritt wurde die Ablagerungssituation in den Teilbereichen des Kanalnetzes in Hemer erhoben, die nach dem zweij�hrlichen Turnus zur Reinigung vorgesehen waren. Auf Basis dieser Ergebnisse wurden Konzepte f�r die Umsetzung einer an die vorhandene Betriebsstruktur angepassten bedarfsorientierten Reinigungsstrategie erarbeitet und deren Umsetzung begleitet.

Sammlung des Erfahrungsschatzes im Betriebsteam

Stichprobenhafte Erhebung des Ablagerungsaufkommens

Im Ergebnis zeigten die Ablagerungsinspektionen, dass in den untersuchten Teilbereichen nach zwei Jahren ohne Kanalreinigung kaum hydraulisch relevante St�rungen durch Ablagerungen feststellbar waren. Die vereinzelt angetroffene Bildung von ausgepr�gten bleibenden Ablagerungen hatte in der Regel besondere Ursachen:

  • bauliche M�ngel: z.B. Unterb�gen und ausgepr�gte Muffenvers�tze, Wurzeleinwuchs (ist im Rahmen einer Unterhaltungsreinigung nicht zu beseitigen)
  • hydraulische St�rungen: z.B. durch R�ckstauverh�ltnisse bei seitlichen Zul�ufen und in Drosselbereichen an Regen�berl�ufen oder bei starken Gef�llewechseln (Abst�rze) sowie zu geringe Abflussverh�ltnisse
  • unplanm��iger Feststoffeintrag: z.B. Sand, Kies oder auch Beton aus Bauma�nahmen, Bohrkerne und insbesondere herabgest�rzte Schmutzf�nger

Ein funktionaler Zusammenhang von Gef�lle, Nennweite und Rohrmaterial auf die Ablagerungssituation konnte nicht nachgewiesen werden.

Im Rahmen der Ablagerungsuntersuchungen kamen verschiedene Inspektionstechniken zum Einsatz, so z.B. die TV-Untersuchung, die Schachtkamera, der Kanalspiegel, die Inaugenscheinnahme von Schachtgerinnen und die Begehung einzelner Haltungen. Der Kanalbetrieb Hemer bewertet die Methode der Kanalspiegelung als pragmatische Methode, um unter g�nstigen Randbedingungen (Sonnenlicht) Ablagerungskontrollen f�r Kanalstrecken kosteng�nstig und mit geringem Zeitaufwand durchzuf�hren.

Konzeptentwicklung bedarfsorientierte Kanalreinigung

Zur Entwicklung eines an die Betriebsstruktur des Kanalbetriebs in Hemer angepassten Konzeptes wurden verschiedene Vorgehensweisen diskutiert. Kern der von dem Kanalbetrieb der Stadt Hemer bevorzugten Variante ist es, kontinuierlich Betriebswissen �ber Kanalablagerungen aufzubauen und Ma�nahmen im Hinblick auf den Gew�sserschutz verst�rkt umzusetzen. Damit gewinnen Schachtinspektionen und Ablagerungskontrollen an Bedeutung. Das Kanalnetz soll zun�chst in einem Intervall von zwei Jahren im Hinblick auf Ablagerungen �berwacht werden, gebietsweise in k�rzeren Intervallen. Die Ablagerungsinspektionen dienen dabei als Synergieeffekt mit den Schachtinspektionen, die durch das DWA-Arbeitsblatt 147 Teil 1 gefordert werden.

Schachtinspektionen bringen Betriebswissen � erst recht wenn gespiegelt wird

Gew�sserschutz im Blick

Gro�bildansicht
Einblick in einen Abwasserkanal
nach zwei Jahren ohne Kanalreinigung

Die Kanalreinigung soll im Wesentlichen nur noch nach Feststellung von Ablagerungsh�hen von mehr als 15 % der Profilh�he erfolgen. Die Anforderungen der S�wV Kan NRW werden somit erf�llt. Um die Inspektionsergebnisse zu erfassen, ist eine Datenbank eingerichtet worden. Die Datenbank erm�glicht auch die notwendigen Berichte an die Aufsichtsbeh�rden. �ber Jahre soll dadurch kontinuierlich Betriebswissen �ber Kanalablagerungen aufgebaut werden und unterhaltungsintensive Objekte erkannt werden. Dar�ber hinaus soll die Reinigung von Drosselkan�len an Regen�berl�ufen verst�rkt werden, um Inbetriebnahmen der Entlastungsbauwerke und daraus resultierende Feststoffeintr�ge in Gew�sser nach M�glichkeit zu minimieren. M�gliche frei werdende Kapazit�ten sollen insbesondere f�r die h�ufigere Reinigung der Stra�eneinl�ufe sowie f�r die Wartung der Bachverrohrungen genutzt werden. Dadurch sollen insbesondere eine Verminderung des Eintrags von Schwermetallen infolge von Stra�enabtrieb und eine Begrenzung von �berflutungsh�ufigkeiten erreicht werden.

Piloteinsatz best�tigt den eingeschlagenen Weg

Gro�bildansicht
Auslassbauwerk eines
Regen�berlaufs im Kanalnetz

In einem ersten Piloteinsatz wurde der Stadtteil Deilinghofen �bedarfsorientiert gereinigt�. Alle Haltungen und Schachtbauwerke im genannten Stadtteil wurden l�ckenlos inspiziert. Die Ergebnisse aus den vorangegangenen Untersuchungen wurden dabei best�tigt. Tendenziell wurde geringes Ablagerungsaufkommen festgestellt. Die Abschnitte, die zun�chst Ablagerungsh�hen > 15 % der Profilh�he aufwiesen, wurden in einer Wiederholungsinspektion nach Starkregenereignissen ablagerungsfrei vorgefunden. Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit der bevorzugten Variante der Kanalreinigungsstrategie gegen�ber der herk�mmlichen Pr�ventivstrategie muss noch erfolgen. Auf Basis der neu entwickelten Strategie wird die Entwicklung der Ablagerungssituation im Kanalnetz der Stadt Hemer jedoch verst�rkt �berwacht, so dass insbesondere ver�nderte Abflussverh�ltnisse infolge ge�nderter Gebietsstrukturen und Verbraucherverhalten zuk�nftig gezielter ber�cksichtigt werden k�nnen.

Das Betriebswissen der Mitarbeiter ist der Schl�ssel zum Erfolg. Dies wurde auch von den politischen Gremien und der Tagespresse in Hemer aufmerksam aufgenommen:

www.derwesten.de, 7. Februar 2008

Vorbildliche Entw�sserung in Felsenmeerstadt Hemer

von Paul Kramme

Hemer. �Wir haben eine spannende Unterwelt in Hemer!�. Das war im Betriebsausschuss eine Erkenntnis des Vorsitzenden Bernd Camminadi (SPD).

Wirklich aufschlussreich und informativ war der Bericht des Ingenieurs Sebastian Beck, der dem Gremium seine Diplomarbeit vorstellte: �Entwicklung einer bedarfsgerechten Reinigungsstrategie f�r eine mittelgro�e Stadt in NRW am Beispiel des Kanalnetzes der Stadt Hemer�. Auf der Suche nach dem Thema war Beck an der Ruhr-Universit�t Bochum auf Hemer aufmerksam geworden. Das Wappen der Felsenmeerstadt lockte, weil er vor acht Jahren hier als Bundeswehrsoldat in der Bl�cherkaserne stationiert war. Der junge Ingenieur aus Herne arbeitet heute f�r das renommierte Gelsenkirchener �IKT - Institut f�r unterirdische Infrastruktur�, das bei Forschungen zu der Erkenntnis gekommen ist, dass Kan�le nur gereinigt werden sollen, wenn das notwendig sei - was man ja wirklich pr�fen kann. Und das ist neu!

Da wird das Thema hei�, weil reduzierter Aufwand Personalentlassung zur Folge haben m�sste. Dieses hei�e Eisen werde in Hemer offen angegangen, wei� man beim IKT, das den Firmen Stadtbetrieb-Bauhof und Stadtentw�sserung Hemer eine �bevorzugte Lage� bescheinigt, weil man das Hemeraner Kanalnetz selber wartet - was von zwei Drittel der NRW Kommunen als Auftrag vergeben werden muss. Die Stadtentw�sserung Hemer erhebt und bewertet den Zustand des Kanalnetzes selber: Ein riesiger Erfahrungsschatz, so lobte Sebastian Beck, und ein riesiger Vorteil gegen�ber Gemeinden, die ihre Kanalreinigung ausschreiben m�ssen. �Erst gefilmt und dann gesp�lt� ist heutzutage die Devise bei den Kanalpflegern im Rathaus im Gegensatz zum fr�heren �erst Sp�len, dann Filmen�. Innerhalb von 15 Jahren wird das gesamte Kanalnetz gefilmt. Inspiziert wird mit der Schachtkamera und auch erfolgreich mit Kanalspiegeln, die mit reflektiertem Sonnenlicht von oben eine Sichtweite von 20 - 50 Meter in der Unterwelt erm�glichen. Beck empfiehlt f�r die Untersuchung auch die Anschaffung von starken Taschenlampen, um unabh�ngig von der Sonne arbeiten zu k�nnen.

Fett in der Kanalisation ist ein Riesenproblem

Weniger als f�nf Prozent des Hemeraner Kanalnetzes ist begehbar: an der Poststra�e und Ostenschlahstra�e z.B. und der gesamte Hauptsammler von der Amtskreuzung bis zur Kl�ranlage. Der gewaltigste Kanaldurchmesser (drei Meter) ist an der Siemensstra�e in Westig. �Im Kanal sind die tollsten Geschichten zu finden�, wei� Sebastian Beck. Wurzeleinwuchs geh�rt dazu, nicht zu vergessen wilde Entsorgung: Beton oder Zement, und Fett im Kanal sei �ein Riesenproblem�. Inspektion gewinnt an Bedeutung, gereinigt wird nach Bedarf, res�miert Beck: �Das Personal entscheidet vor Ort, ob Reinigungsbedarf vorliegt oder nicht. Das Betriebswissen verbleibt in Hemer und nicht beim Dienstleister.�

Ingo Nix (CDU) erkundigte sich nach dem Vortrag: �Hemer hat ein gutes Kanalnetz?� �Im Vergleich zu dem, was ich gesehen habe, ja�, bezog Beck sein �berregionales Wissen f�r die Antwort ein. Klaus Hoffmann (FDP): �F�hren die Erkenntnisse zu Kostensenkung?� Willi Gro�e: �Na klar, selbstverst�ndlich wird weniger gereinigt!�. Wie der Sp�lwagen alternativ eingesetzt werde, fragte Michael Heilmann (UWG).Das Planungsamt strebe einen Einsatz bei Stra�en an, so Gro�e: �Da haben wir ein Gebiet, wo wir uns tummeln k�nnen.� Dann erg�nzend nach kurzer Gedankenpause: �Das lasse ich jetzt mal so stehen.�Heiner Ullrich (CDU) beanstandete das Trennsystem im Dorf Brockhausen, wo es nun gewaltige Wassermassen gebe, wo der Boden fr�her trocken war. Ein Bauer k�nnte ja dort Reis pflanzen, habe ihm Gro�e beim Ortstermin gesagt. Reisanbau in Brockhausen!? Allein den Gedanken findet Ullrich wirklich sensationell.

Der Artikel im Internet: www.derwesten.de



Dipl.-Ing. Marco Schl�ter
Dipl.-Ing. Sebastian Beck
IKT � Institut f�r Unterirdische Infrastruktur gGmbH
Exterbruch 1
45886 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-31
Fax: 0209 17806-88
E-Mail: info@ikt.de
Internet: www.ikt.de



  Weitere Artikel zum Thema  
  Kanalreinigung  
  Umfrage: Folgen der Kanalabdichtung für Vegetation und Bauwerke? 09/12  
  NEU: Fahrzeug-Check für Hochdruckspül- und Saugfahrzeuge 09/12  
  NEU: Fahrzeug-Check für
Hochdruckspül- und Saugfahrzeuge
07/12  
 


<<< Druckversion aller Artikel Druckversion des aktuellen Artikels >>>
Zum Seitenanfang >>>


© IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH 2025
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des IKT