A, B oder C? Private Abwasserleitungen richtig bewerten
Die Regeln der Technik für die Zustands- und Funktionsprüfung an privaten Abwasserleitungen stehen in der DIN 1986-30 (2012). Und die sieht für bestehende Anlagen zur Ableitung von häuslichem Abwasser außerhalb von Wasserschutzgebieten und in Schutzzone III die optische Inspektion verbindlich als Prüfmethode vor.
Der Anhang A regelt die Bewertung von Schadensbildern und deren Einteilung in eine der Schadensklassen:A: große Schäden – kurzfristig zu sanieren
B: mittelgroße Schäden – mittelfristig zu beheben
C: geringe Schäden – bei der nächsten turnusmäßigen Prüfung erneut zu bewerten
Nebenbei: In Nordrhein-Westfalen können die Gemeinden nach pflichtgemäßem Ermessen im Einzelfall abweichende Sanierungsfristen festlegen (§ 10 Abs. 2 SüwVO Abw).
Faktor Mensch beeinflusst Schadensbeurteilung
Doch ob ein Schaden in die Schadensklasse A, B oder C eingeordnet wird, ist bei der optischen Inspektion zu einem großen Teil vom Prüfer selbst abhängig. Teilnehmer am IKT-Seminar „DIN 1986-30“ ordnen denselben Schaden ganz unterschiedlich ein. Regelmäßig werden alle Schadensklassen genannt. Und auch die geschätzten Sanierungskosten differierten erheblich – von null bis 20.000 Euro. Die normgerechte Einordnung der Schäden wird während des Seminars intensiv behandelt.IKT-Fortbildung „DIN 1986-30“
Wie Schäden an privaten Abwasserleitungen bewertet werden und wie die Gemeinden im Einzelfall hierbei über Abweichungen entscheiden können, ist wesentlicher Bestandteil des IKT-Seminars zur DIN 1986-30. Das Seminar wird seit 2012 im IKT in Gelsenkirchen und auch bundesweit angeboten. In mehr als 20 Seminaren wurden innerhalb der letzten vier Jahre bereits mehr als 300 Fachleute fortgebildet.
Neben den relevanten Inhalten der DIN 1986-30 und ihren Auswirkungen in der praktischen Umsetzung von Dichtheits- beziehungsweise Zustands- und Funktionsprüfungen werden im Rahmen des Seminars aktuelle Entwicklungen rund um das Thema Grundstücksentwässerung behandelt. Fundierte Vorträge werden durch Praxisvorführungen und Gruppenarbeiten ergänzt. Dabei wird insbesondere der Dialog zwischen Behörden und Dienstleistern aus Ingenieurbüros sowie Inspektions- und Sanierungsfirmen gefördert.Fallbeispiele: Wer, wann, wie und was?
Eine wesentliche Übung im Seminar ist die Bearbeitung von Fallbeispielen zur Dichtheits- beziehungsweise Zustands- und Funktionsprüfung. Die Teilnehmer müssen dabei anhand konkreter Fallbeispiele festlegen, wie und wann nach geltender Rechtslage und den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu prüfen ist:
- Wohngebäude im Bestand innerhalb und außerhalb von Wasserschutzzonen?
- neuerrichtete Wohngebäude?
- Wohngebäude nach wesentlicher Änderung?
- Wohngebäude nach Sanierung der Abwasserleitungen?
- Friseurbetrieb im Wohngebäude?
- Zahnarztpraxis?
- Schlachthof?
- Hotel mit Restaurantbetrieb?
- Kfz-Werkstatt?
- Supermarkt mit Fleischverarbeitung?
- Tankstelle?
Die Bearbeitung der Fallbeispiele erweist sich regelmäßig als besonders knifflig. Denn dabei ist eine Vielzahl unterschiedlicher Randbedingungen zu beachten – wie Bundesland, Abwasserqualität, Baujahr oder Abscheidertechniken.
Schadensbewertung mit Interpretationsspielraum
In einer weiteren Übung werten die Teilnehmer eine bei einer Gemeinde eingereichte Bescheinigung über die Zustands- und Funktionsprüfung aus. Dabei sind unter anderem folgende Fragestellungen zu beantworten:- Auswahl des Prüfverfahrens – Welche Verfahren nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik wählen?
- Fotodokumentation der Örtlichkeit – Was gehört dazu?
- Prüfbescheinigung zur Dichtheitsprüfung – Wie richtig ausfüllen?
- Schadensbewertung private Abwasserleitungen – A, B oder C?
- Sanierungsfristen im Einzelfall – Wie richtig festlegen?
Die Ergebnisse in den einzelnen Teilnehmergruppen variieren dabei teils sehr deutlich. So werden zum Beispiel Sanierungskosten von null bis 20.000 Euro abgeschätzt. Auch bei den Sanierungszeiträumen herrscht nicht immer Einigkeit. Für einige Teilnehmer sind die Schäden so gravierend, dass nur kurzfristige Zeiträume in Frage kommen, andere Teilnehmer sind beim gleichen Schadensbeispiel der Meinung, dass Fristen bis zu zehn Jahren durchaus vertretbar sind.
In den moderierten Gruppenübungen wird im Ergebnis gezeigt, wie Schäden nach DIN 1986-30 bewertet werden, welche Fristen sich daraus ergeben und welche Sanierungslösungen in Frage kommen. Zudem werden Argumente erörtert, unter welchen Umständen und Randbedingungen im Einzelfall Abweichungen von der Norm begründbar sind. Am Ende kommen sich die Teilnehmer in ihren Einschätzungen der Beispielschäden deutlich näher gekommen.
Nächste Seminare
Seminar „DIN 1986-30“ am 19. und 20. Dezember 2016 im IKT in Gelsenkirchen
und nochmal am 7. und 8. Juni 2017 sowie am 11. und 12. Dezember 2017
Programm und Anmeldung
Anerkannte Fortbildung für Berater und Sachkundige
Das Seminar ist als Fortbildung für Sachkundige Prüfer (NRW) und IKT-Zertifizierte Berater Grundstücksentwässerung anerkannt. Die Fortbildung muss spätestens alle drei Jahre erfolgen. Darüber hinaus ist die Veranstaltung anerkannt als Weiterbildungsmaßnahme für Ingenieure durch die Ingenieurkammer Bau NRW.
Ansprechpartner
Mirko Salomon
Telefon: 0209 17806-25
E-Mail: salomon@ikt.de
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