Nach sechs Jahren: IKT-Forscher graben Baumwurzel-Versuchsstand auf

Nach sechs Jahren Wachstum: IKT-Forscher graben ihren Baumwurzel-Versuchsstand in Almere auf

Wie Wurzeln von Abwasserrohren fernhalten? Darum geht es in einem Langzeitprojekt des IKT. Denn mit Wurzeleinwuchs in Abwasserrohren schlagen sich Abwasserbetriebe ständig herum. Sie bilden Abflusshindernisse bis hin zur vollständigen Verstopfung. Diese müssen dann umständlich herausgefräst werden. Im schlimmsten Fall hilft sogar nur noch ein teures Aufgraben.

Die IKT-Forscher wollen herausfinden, welche passive Maßnahmen zum Schutz von Leitungen geeignet sind.

Material-Mix im Versuchsaufbau
Dafür bauten sie vor sechs Jahren einen weltweit einmaligen In-situ-Versuchsstand auf. Darin verlegten sie in 1,20 Meter Tiefe parallel zwei 30 Meter lange Abwasserleitungen DN 150 und DN 300. Darauf pflanzten sie fünf schnellwachsende Pappeln in je fünf Metern Abstand.

IKT-Forscher ziehen Schutzmatte aus Leitungsgraben heraus, die sie vor sechs Jahren zum Schutz gegen Wurzeleinwuchs eingebaut haben.

Um zu sehen, wie Wurzeln mit unterschiedlichen Rohrsystemen interagieren, wählten sie Leitungen aus Beton, PVC, PP und GFK. Die insgesamt 15 Rohrverbindungen sind Standard-Steckmuffenverbindungen, Schrumpfschläuche, Übergangsmanschetten und ein experimentelles Bentonit-Band.

Siehe hier den Bericht zum Einbau des Versuchsstands.

Was wirkt gegen Wurzeleinwuchs?
In den Bettungsbereich um die Bäume herum setzten die IKT-Forscher acht Wurzelbarrieren ein, wie Folien und vertikale Platten verschiedener Hersteller, sowie eine mineralische Kapselung.

Das war vor sechs Jahren. Die Pappeln sind inzwischen zehn Meter hoch und in bester Verfassung. Zeit nachzuschauen, wie die Wurzeln gewachsen sind und ob die Schutzmaßnahmen wirken.

Mit archäologischer Sorgfalt: Wurzelausgrabung im IKT-Versuchsstand

Aufgraben wie Archäologen
Im August 2024 haben die IKT-Forscher die Wurzelräume ihrer Bäume aufgegraben. Dabei gingen sie mit archäologischer Sorgfalt vor, um die Wurzeln nicht zu beschädigen.

Akribisch dokumentierten die IKT-Forscher, wie die Wurzeln gewachsen sind. Eine ganze Woche dauerte ihre mühevolle Kleinarbeit mit Hilfe von Handschaufeln, Saugbagger und Druckluftlanze.

Wurzeln überraschen Forscher
Allein optisch gab es dabei schon einige unerwartete Überraschungen: Selbst dicke Wurzeln verzweigten wie ein altrömischer Dreizack, wenn sie auf Widerstand stießen. Sie folgten dabei dem relativ lockeren Bodenraum um die verlegten Abwasserrohre. Sie suchten ihren Weg und fanden ihn. Die eingebauten Hindernisse umgingen sie – auf den ersten Blick erfolgreich.

Trotz Schutzmatten: Wurzeln wuchsen munter weiter

Einige Wurzeln drangen entlang der vertikalen Schutzplatten tiefer in die Erde, nur um anschließend hinter dem Hindernis wieder nach oben zu wachsen. Andere umgingen die Schutzsysteme seitwärts. Alle wuchsen in Richtung der Bettungszone der Rohre, wahrscheinlich weil dort der Boden weniger verdichtet ist und sie leichter vorankommen als in dem natürlichen Bodenraum.

Von den 15 Rohrverbindungen hielten 13 den Wurzeln stand, zwei nicht. Auch die Verbindungen zwischen den vertikalen Schutzplatten waren nicht in allen Fällen undurchdringlich. Die Wurzeln schlängelten sich auch hier hindurch.

Zurück ins Labor
Nun geht es zurück ins Labor, um genau zu untersuchen, was die Wurzeln getan haben. Die abschließenden Ergebnisse dieses internationalen Forschungsprojektes werden Anfang 2025 erwartet – wir werden berichten.

Forscher im Feld: Prof. Dr. Thomas Stützel von der Ruhr-Universität Bochum und Kilian Möllers, M.Eng. vom IKT (r.)

Dank an Niederlande
Der IKT-Wurzelversuchsstand steht in einem Neubaugebiet in der Stadt Almere, nahe Amsterdam. Er wurde im Winter 2018/2019 angelegt und jetzt abgebaut.

Wir danken der Stadt Almere und der niederländischen Stiftung RIONED für die Projektförderung in Höhe von 205.000 Euro. Prof. Dr. Thomas Stützel, der emeritierte Leiter des Biologischen Gartens der Ruhr-Universität Bochum, unterstützte uns mit seinem beeindruckenden Wissensschatz als Biologe und Wurzelexperte.

 

 

IKT-Wurzelexperte Dr.-Ing. Mirko Salomon und Biologe Prof. Dr. Thomas Stützel von der Ruhr-Universität Bochum (r.)

Grüne Städte, geschütze Rohre
Einer der beteiligten IKT-Forscher, Mirko Salomon, hat zwischenzeitlich zum Thema Wurzeleinwuchs erfolgreich promoviert.

Er erläutert in einem Interview mit der Fachzeitschrift B_I umweltbau was er dabei herausgefunden hat: Grüne Städte, geschütze Rohre

Und wer Dr. Salomons Dissertation vollständig lesen möchte, kann das hier tun:
Untersuchung von bautechnischen Schutzmaßnahmen gegen Wurzel-Rohr-Interaktionen

 

Fotostrecke Ausbau des IKT-Wurzelversuchsstands
in Almere/Niederlanden

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