Drosseln im Kanalnetz: Regelmäßige Prüfung ist Betreiberpflicht
Drosseleinrichtungen gehören zu den Elementen im Kanalnetz, deren Wichtigkeit nicht unterschätzt werden sollte. Sie sorgen für einen kontrollierten Abfluss aus Regenbecken und Stauraumkanälen. Die Einstellung des Drosselorgans bestimmt maßgeblich das Betriebsverhalten vor- und nachgeschalteter Anlagen.
Nachgeschaltete Anlagen leiden
Falsch eingestellte Drosseleinrichtungen an Regenbecken und Stauraumkanälen können vielfältige negative Auswirkungen haben. Lassen die Drosseln mehr Wasser durch als bei der Bemessung vorgesehen, werden nachgeschaltete Kanäle, Sonderbauwerke und Kläranlagen unnötig belastet. Lassen die Drosseln zu wenig Wasser durch, staut sich das Abwasser häufiger zurück. Umweltschädliche Entlastungen in Gewässer sind die Folge.
Und wird die Ursache nicht erkannt, investieren Netzbetreiber womöglich in eigentlich nicht erforderliche weitere Sonderbauwerke. Das lässt sich durch einen reibungslosen Betrieb der bestehenden Anlagen umgehen.Gewässer schützen – Drosseln richtig einstellen
Problematisch ist auch, wenn Drosseln von Regenüberlaufbecken, die in Gewässer einleiten, nicht richtig funktionieren. Dadurch gelangt häufig zu viel Mischwasser auf einmal in die Gewässer und belastet diese unnötig stark. Ein geregelter Abfluss schont die Umwelt. Insbesondere die Wasserrahmenrichtlinie WRRL fordert eine stetige Verbesserung, mindestens aber die Beibehaltung aktueller Standards hinsichtlich der Gewässerqualität.
Drosselprüfung ist Pflicht
Dass es sich hierbei nicht um ein theoretisches Problem handelt, zeigt das Ergebnis „nicht bestanden“ bei rund einem Drittel der von der IKT-Prüfstelle für Durchflussmessung durchgeführten Drosselüberprüfungen. In vielen Bundesländern gehört aus diesem Grund die regelmäßige Überprüfung und Kalibrierung von Drosseleinrichtungen gemäß Selbstüberwachungs- und Eigenkontrollverordnungen zu den Pflichten der Abwassernetzbetreiber.
Baden-Württemberg (Eigenkontrollverordnung)
Die Eigenkontrolle umfasst die Sichtkontrolle von Einlauf, Überläufen und Ablauf der Anlagen auf Ablagerungen und Verstopfungen und die Funktionskontrolle der technischen Ausrüstung, der Messgeräte und Drosseleinrichtungen. Die Abwasserdurchflussmessung bei Anlagen ab 1000 EW erfolgt durch Messgeräte mit selbstschreibendem Anzeigegerät und uhrzeitsynchronem Zählwerk oder durch magnetisch-induktive Durchflussmesseinrichtung (MID) bzw. gleichwertige Verfahren. Die Messeinrichtung ist mindestens alle fünf Jahre durch einen Sachverständigen oder Sachkundigen zu überprüfen.
Bayern (EÜV)
Bei Regenbecken mit Messeinrichtungen zur Erfassung des Wasserstands ist auch das Entlastungsverhalten für jedes Regenereignis festzustellen. Dazu gehört, geordnet nach dem Datum der jeweiligen Regenereignisse, die Ermittlung des maximalen Füllstands bzw. der maximalen Überlaufhöhe sowie der Fülldauer und Überlaufdauer. Die Messergebnisse sind jährlich auszuwerten. Zusätzlich ist einmal in fünf Jahren die Einstellung des Drosselabflusses zu überprüfen und das Ergebnis dem tatsächlichen Anschlussgrad im Einzugsgebiet gegenüber zu stellen.
Brandenburg (Brandenburgische KanalnetzAnzeigeVV)
Für Drosselorgane wird eine Funktionskontrolle gemäß Herstellerangaben gefordert. Diese ist laut Herstellerangaben – aber mindestens jährlich – durchzuführen.
Hessen (§ 10 EKVO)
Bei Regenentlastungen mit gesteuerten oder geregelten Drosseleinrichtungen mit beweglichen Teilen ist eine hydraulische Prüfung alle fünf Jahre durch Prüfstellen gemäß § 10 EKVO gefordert. Die Anforderungen gelten als erfüllt, wenn der Mittelwert der Abflusskurve um nicht mehr als 12 Prozent vom Sollwert abweicht und wenn die größte Abweichung nicht größer als 20 Prozent des Sollwerts ist.
Nordrhein-Westfalen (SüwVO Abw NRW)
Alle fünf Jahre ist eine hydraulische Kalibrierung der Drosseleinrichtung von Regenklärbecken, Regenüberlaufbecken, Stauraumkanälen und Regenrückhaltebecken durchzuführen. Bei festgestellten Abweichungen der Drosselwassermenge von mehr als 20 Prozent vom Sollwert hat eine Sanierung der Drosseleinrichtung innerhalb eines Jahres zu erfolgen. Als Sollwert ist der in der wasserrechtlichen Genehmigung festgelegte Drosselabfluss zugrunde zu legen.
Sachsen-Anhalt (Eigenüberwachungsverordnung)
Die Überwachung der Regenbecken umfasst die Sichtkontrolle von Anlagen auf Ablagerungen und Verstopfungen und die Funktionskontrolle der technischen Ausrüstung, der Messgeräte und Drosseleinrichtungen. Die Überwachung soll insbesondere nach Belastung der Anlagen durch Starkregenereignisse, mindestens jedoch vierteljährlich durchgeführt werden. An der Einleitungsstelle in das Gewässer sind vierteljährlich Sichtkontrollen auf Auffälligkeiten durchzuführen.
Thüringen (ThürAbwEKVO)
In der Thüringer Verordnung über die Eigenkontrolle von Abwasseranlagen wird gefordert, dass eine Prüfung der hydraulischen Funktionsfähigkeit der Drosselorgane durch Sachkundige im jährlich anzufertigenden Eigenkontrollbericht zu den Regenbecken und Regenentlastungsanlagen vermerkt wird.
Regelmäßige Überprüfung vonnöten
Zur Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen ist in den meisten Fällen eine Kalibrierung der Drosseleinrichtungen notwendig. Dabei wird vor Ort durch eine Mengenmessung überprüft, ob die eingebaute Drosseleinrichtung auch unter realen Bedingungen in der Lage ist, den geforderten Durchfluss, für den sie ausgelegt wurde, zu erbringen.
Vorausschauend Planen
Bei der Planung der gesetzlich geforderten Überprüfung der Drosseleinrichtungen hilft des Arbeitsblatt A166 „Bauwerke der zentralen Regenwasserbehandlung und -rückhaltung – Konstruktive Gestaltung und Ausrüstung“ der DWA von November 2013. Hier werden Anforderungen an den Planer gestellt, damit der Betrieb und die Überprüfung leichter fallen.Eine vorrausschauende Planung soll sicherstellen, dass ein Verstellen, Nachrüsten und Austauschen von Drosselorganen möglich ist. Wenn die Funktionsprüfung und der anschließende Probebetrieb bereits bei der Planung des Bauwerks und seiner Ausrüstung berücksichtigt werden, erleichtert das im Betrieb enorm die Arbeit. Und die bisherige Zahl an Sonderfällen mit nicht oder nur aufwendig prüfbaren Drosseleinrichtungen, die jedoch von gesetzlicher Seite her zu prüfen sind, wird in Zukunft geringer ausfallen. Auch die Prüfungskosten sinken.
Neuer Warentest Drosseleinrichtungen
Ein Problem für die Planer: Bisher fehlen zuverlässige und unabhängige Informationen über die Qualität und Einsatzbereiche der auf dem Markt angebotenen Drosseleinrichtungen. Ein neuer IKT-Warentest mit Netzbetreiber-Beteiligung hat zum Ziel, eine unabhängige, praxisrelevante und fachlich begründete Bewertung der untersuchten Produkte zu erarbeiten. Im Rahmen des Warentests sollen betriebliche Anforderungen sowie Stärken und Schwächen der Bauteile ermittelt und die bauartbedingten Einsatzmöglichkeiten und -grenzen aufgezeigt werden. Darüber hinaus werden MID-Schiebersysteme untersucht und Hinweise zu Planung, Ausschreibung und Bau gegeben.
Aktuelle Information
Der IKT-Warentest „Drosselorgane“ ist inzwischen abgeschlossen. Hier lesen sie die erstaunlichen Warentestergebnisse.
Weiterbilden
Die hydraulische Kalibrierung einer Drosseleinrichtung erfordert von den ausführenden Personen ein erhebliches Maß an Fachwissen in der Hydrometrie und dem Betriebsverhalten. Diese Aufgabe sollte sachkundiges und erfahrenes Fachpersonal durchführen. Das IKT bietet hierzu eine Weiterbildung an.- IKT-Lehrgang: Zertifizierte/-r Sachkundige/-r für die Kalibrierung von Drosseleinrichtungen an Regenbecken
22.–26. Juni 2020 in Schliengen
Programm und Anmeldung - IKT-Workshop: Drosseleinrichtungen im Kanalnetz – richtig kalibrieren, regeln und messen
13.-14. August 2020 in Eppingen
Programm und Anmeldung
17.-21. August 2020 in Eppingen
Programm und Anmeldung
Hat der Netzbetreiber kein eigenes sachkundiges Personal, so kann er auf die Dienstleistungen der IKT-Prüfstelle für Durchflussmessung zurückgreifen.
Ansprechpartner
Marcel Goerke, M.Sc.
Leiter staatlich anerkannte Prüfstelle für Durchflussmessung
Telefon: 0209 17806-34
E-Mail: goerke@ikt.de