Kommunales Netzwerk Abwasser: Nothilfeplan Starkregenvorsorge
Im Rathaus von Rheda-Wiedenbrück trafen sich jetzt mehr als 90 Vertreter von Abwasserbetrieben zur offenen Arbeitssitzung des Kommunalen Netzwerks Abwasser (KomNetAbwasser). Mit dabei waren auch Vertreter von Feuerwehren, der Bezirksregierung und der Verbraucherzentrale.
Starkregen-Nothilfeplan für den Kanalbetrieb
Im Mittelpunkt stand die Vorbereitung eines Forschungsprojekts zur Starkregenvorsorge im Kanalbetrieb. Das praxisorientierte Projekt wurde im Kommunalen Netzwerk entwickelt und ist mit dem gemeinsamen Hebel der mehr als 50 Teilnehmer im Netzwerk dem Land Nordrhein-Westfalen als Förderprojekt vorgestellt worden. Es soll noch im Frühjahr starten. Ziel des Projekts ist die Erstellung eines Nothilfeplans zur Starkregenvorsorge im Kanalbetrieb für alle Projektteilnehmer.Rolle der Stadtentwässerung bei Starkregen
Die Diskussion in Rheda-Wiedenbrück fokussierte sich vor allem auf die Frage, welche Rolle die Stadtentwässerung bei der Starkregenvorsorge einnehmen soll. Schließlich ist das Abwassersystem für Abwasser und verschmutztes Niederschlagswasser angelegt und bemessen. Es für die Aufnahme von Sturzflutwasser auszubauen wäre extrem aufwändig und teuer und auch aus ingenieurtechnischer Sicht nicht sinnvoll.
KomNetAbwasser: Eine starke Gemeinschaft von Abwasserbetrieben
Leistungen im Kommunalen Netzwerk Abwasser:
- Kostenfrei an Seminaren und Workshops im IKT teilnehmen
- Technische IKT-Beratung zu allen Fragen der Sachbearbeitung
- Materialien für die Öffentlichkeitsarbeit, z.B. Broschüren, Flyer, Präsentationen
- Stellungnahmen bei auffälligen Bauleistungen und Bauprodukten
- Entlastung der kommunalen Personalkapazitäten
Sechs Thesen vorab zur Diskussion gestellt
Wie kann dieser Beitrag aussehen? Und wo liegen die Grenzen der Abwasserbetriebe? Im KomNet wurden im Vorfeld bereits sechs zentrale Thesen formuliert, über die im anstehenden Forschungsprojekt gemeinsam diskutiert werden soll:
- Stadtentwässerung ist Kompetenzträger
Stadtentwässerungen haben eine lange Tradition als städtischer Infrastruktur-Dienstleister. Wesentliche Aufgabe der Stadtentwässerung ist es dabei, verunreinigtes Wasser so zu sammeln und fortzuleiten, dass es einer Reinigungsanlage oder einem ausreichend leistungsfähigen Gewässer zugeführt wird. Stadtentwässerungen sind damit erfahrene Kompetenzträger, wenn es darum geht, abflusswirksame Flächen zu ermitteln, Regenhäufigkeiten zu bestimmen und die Funktionsweise hydraulischer Systeme zu berechnen und zu bemessen. Beim Thema Starkregen kann auf dieses Wissen aufgebaut werden. - Kanal ist kein Ersatzgewässer
Kanäle dienen dazu, verunreinigtes Wasser einer Reinigung oder einem leistungsfähigen Gewässer zuzuführen. Dies kann durch Gebrauch verändertes Wasser (Schmutzwasser) oder das von befestigten Flächen abfließende Niederschlagswasser sein. Die Kapazität der Kanalisation wird dabei auf häufig auftretende, behandlungsbedürftige Mengen ausgelegt, so zum Beispiel auf durchschnittliche jährliche Niederschlagsbelastungen von befestigten Flächen. Kanäle dienen also nicht in erster Linie der Wassermengenbeseitigung, sondern unterstützen die Wahrnehmung der Reinigungsaufgabe. Entsprechend sind sie kein Ersatzgewässer, sondern eine Anlage der Abwasserbeseitigung.
Große Wassermengen, die bei selteneren Starkregenereignissen von befestigten Flächen abfließen oder die durch Zufluss wild abfließenden Wassers auf befestigte Flächen treffen, übersteigen die Kapazität der Kanalisation meist um ein Vielfaches. Gleiches gilt für Hochwasser, das von angrenzenden Gewässern auf befestigte Flächen drängt. Für all diese Wassermengen sind oberirdische Rückhalteräume und Abflusswege vorzusehen, gegebenenfalls ergänzt durch einen Objektschutz für Gebäude und Anlagen. - Risiken durch Starkregen erkennen
Starkregen ist ein natürliches Ereignis. Er wird erst dann zum Problem, wenn aus ihm besondere Risiken erwachsen, das heißt wenn mit hoher Häufigkeit Situationen entstehen, die mit großen Schäden verbunden sind. Stadtentwässerungen sehen sich in der Pflicht, derartige Risiken im Stadtgebiet zu erkennen und die Stadt mit ihren Infrastrukturträgern dabei zu unterstützen diese Risiken zu beherrschen. Dazu kann beispielsweise gehören, Gefahren- und Risikokarten zu erstellen, in denen gefährdete Bereiche identifiziert werden. - Wasserabfluss lenken und beherrschen
Risiken zu beherrschen heißt hydraulische Systeme (Rückhalt, Fließwege, Barrieren) zu entwickeln, mit denen auch große Wassermassen bewältigt werden können. Der oberirdische Wasserabfluss ist dabei so zu lenken, dass nur geringe oder keinerlei Risiken entstehen. Ziel ist es, dass jeder Starkregenkategorie auch eine planerische Lösung für den Wasserabfluss gegenübersteht. Die Kanalisation ist dabei für geringe und verschmutzte Niederschlagswassermengen weiterhin Teil der Lösung. Entscheidend sind aber oberirdische Fließwege, Rückhalteräume, Notwasserwege und ein gezielter Objektschutz bei Starkregen- oder Extremereignissen. - Bürger beraten, Objektschutz fördern
Ein wirkungsvoller Objektschutz fordert auch die Objekteigentümer. Diese müssen durch den Kompetenzträger Starkregen, also die Stadtentwässerung, entsprechend beraten werden (vgl. LWG NRW). Dies betrifft zum Beispiel das notwendige Objektschutzniveau sowie geeignete Objektschutzmaßnahmen für Bau und Betrieb der Objekte. - Kanalfunktion bei Wetterextremen sichern
Auch bei Wetterextremen muss der Kanal seine Funktion erfüllen, das heißt verunreinigtes Wasser, insbesondere Schmutzwasser, einer Behandlung zuführen. Die Entsorgungssicherheit ist zu gewährleisten. Hierzu trägt die konsequente Umsetzung der schon heute geltenden technischen Regeln bei. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit zur Einleitung von Abwasser auch im Rückstaufall. Entwässerungsgegenstände unterhalb der Rückstauebene, für die ein dauerhafter Betrieb sichergestellt werden muss, werden über Hebeanlagen über die Rückstauebene entwässert. Nach DIN 1986 Teil 100 werden nur Entwässerungsgegenstände von untergeordneter Bedeutung über Rückstauverschlüsse gesichert und damit im Rückstaufall de facto außer Betrieb genommen.
Die Funktionsfähigkeit bei Wetterextremen betrifft aber nicht nur den Starkregenfall, sondern auch Phasen längerer Trockenheit im Sommer. Die Funktionsfähigkeit der Schwemmkanalisation bei Trockenheit ist zu überprüfen, und gegebenenfalls sind Unterstützungsmaßnahmen wie HD-Spülungen einzuleiten.
Kommunales Netzwerk Abwasser
Abwasserbetriebe, die im KomNet Abwasser mitmachen wollen oder sich an diesem Forschungsprojekt beteiligen möchten, können sich mit Dipl.-Ing. Marco Schlüter, Leiter KomNetAbwasser im IKT, in Verbindung setzen. Sie profitieren als erste von den Projektergebnissen.
Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Marco Schlüter
Telefon: 0209 17806-31
E-Mail: schlueter@ikt.de
www.komnetabwasser.de