Alfred-Wegener-Institut: Mikroplastik im Abwasser passiert Kläranlagen
Kläranlagen können auf herkömmlichem Weg Mikroplastik nicht vollständig aus Abwässern zurückhalten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Pilotstudie, die der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) und der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in Auftrag gegeben haben. Experten des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), untersuchten in einem sehr aufwändigen Verfahren Abwasser und Klärschlamm aus zwölf Kläranlagen. Die Erkenntnisse sollen dazu dienen, die Tier- und Pflanzenwelt in Flüssen und Meeren besser zu schützen.
Was ist Mikroplastik?
Als Mikropartikel werden alle Kunststoffteile bezeichnet, die kleiner als fünf Millimeter sind. Mikroplastik ist als ein Indikator für den Zustand der Meere in die europäische Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) aufgenommen worden.
Wo kommen die Partikel her?
Stammen die gefundenen Mikroplastik-Partikel tatsächlich wie oft vermutet aus Kosmetikprodukten oder eher aus dem Abrieb alltäglicher Gebrauchsgegenstände? Das sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch offen, sagt Mikrobiologe Dr. Gunnar Gerdts, der die Proben am AWI auf Helgoland analysierte. „Das Vorkommen an Mikroplastik-Partikeln variiert sehr stark. Es besteht dringender Bedarf für weitere Untersuchungen, um eine Vergleichbarkeit herzustellen. Und das nicht nur im Abwasser von Kläranlagen, sondern auch in den Flüssen, die das Abwasser aufnehmen“, so Gerdts.Ute Schlautmann, zuständige Dezernentin im NLWKN erklärt: „Aus den Gewässeruntersuchungen der letzten Jahre wissen wir um die Belastung der Flüsse und der Küstengewässer mit Kunststoffpartikeln. Mit diesem Projekt erhalten wir erstmals konkrete Aussagen über Kläranlagen als einem möglichen Eintragspfad.“ Weitergehende Messungen seien erforderlich, um die bisherigen Aussagen zu präzisieren und genauere Mengenabschätzungen vornehmen zu können.
Eintrag von Mikroplastik vermeiden
OOWV-Bereichsleiter Andreas Körner betont, dass zusätzliche Untersuchungen auch nötig seien, um Aufschluss darüber zu erhalten, wie der Eintrag von Plastikteilchen in Flüsse und Meere zu minimieren ist. „Mit der Schlussfiltration, wie wir sie in Oldenburg anwenden, fangen wir der Untersuchung zufolge den größten Teil der Mikroplastik-Partikel auf“, erklärt Körner. Der Eintrag von Mikropartikeln müsse jedoch viel früher, schon bei der Herstellung von Produkten, vermieden werden.Trinkwasserbelastung mit Mikroplastik äußerst gering
Speziell unter die Lupe genommen wurde auch das Trinkwassersystem von fünf Wasserwerken des OOWV. Das AWI untersuchte Wasserproben aus den Förderbrunnen, dem Trinkwasser am Wasserwerksausgang und dem Trinkwasser im Leitungsnetz sowie beim Endverbraucher. Ergebnis: Im Grundwasser wurden keine Mikroplastik-Partikel nachgewiesen. Und im Trinkwasser war die Anzahl mit höchstens sieben Teilchen pro Kubikmeter äußerst gering. Höchstwahrscheinlich, so die Wissenschaftler, stammt das Mikroplastik vom Abrieb einer Dichtung oder Leitung.
Almut Kottwitz, Staatssekretärin im Niedersächsischen Umweltministerium, begrüßt die Pilotstudie: „Wir brauchen jetzt eine bundesweite Untersuchung, wie es um den Eintrag von Mikroplastik in die Nahrungskette bestellt ist. Der Bund muss dafür die nötigen Forschungsmittel bereitstellen.“
Website des Alfred-Wegener-Instituts
Fotos: Alfred-Wegener-Institut/Svenja Mintenig, Ivo Int-Veen
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