Bund der Steuerzahler NRW:
Wille zur Senkung der Abwassergebühren fehlt
Der Vergleich der Abwassergebühren zeige deutlich, dass sich in manchen Kommunen zu hohe Ausgaben und mangelnder Sparwille der Vergangenheit rächen, teilt der BdSt NRW mit.
Im Landesdurchschnitt zahlt der BdSt-Musterhaushalt (vier Personen, die 200 Kubikmeter Frischwasser im Jahr verbrauchen und 130 Quadratmeter versiegelte Fläche vorhalten) rund 692 Euro fürs Abwasser – ein geringer Anstieg um 0,8 Prozent oder 5 Euro. Der Bund der Steuerzahler NRW vermutet dahinter die Scheu vieler Städte und Gemeinden, im Kommunalwahljahr die Gebühren zu erhöhen.
Extremfall: 30 Prozent Gebührenplus in einem Jahr
Einige Kommunen konnten sich aber offensichtlich keine Zurückhaltung mehr leisten: In Leopoldshöhe zum Beispiel seien die Abwassergebühren für den Musterhaushalt um 30,4 Prozent gestiegen, in Sassenberg um 28,2 Prozent und in Nideggen um 27,3 Prozent. Zusätzlich sei in Sassenberg die Grundsteuer B in diesem Jahr von 413 auf 430 Prozentpunkte angehoben worden, in Nideggen von 600 auf 725 Prozentpunkte.
Solche Gebühren- und Steuererhöhungen stehen häufig in direktem Zusammenhang mit einer schlechten Haushaltslage, hat der BdSt ermittelt. Altena stehe solch eine Entwicklung mit dem aktuellen Sparkommissar wohl noch bevor. Es sei kein Zufall, dass Altena mit gut 1.071 Euro die höchsten Abwassergebühren im Märkischen Kreis hat. In Iserlohn zahle der BdSt-Musterhaushalt nur rund 535 Euro.
Auch in diesem Jahr konnte der BdSt NRW große Unterschiede bei den Abwassergebühren feststellen, schreibt Vorstandsvorsitzender Heinz Wirz in seinem Statement zum neuesten Bericht. So zahlt der Musterhaushalt in Neunkirchen-Seelscheid rund 1.256 Euro, während es in Reken lediglich 246,50 Euro sind.Hier und da gab es auch Gebührensenkungen. Am meisten entlastet wurden die Bürger in
- Stemwede (-24,1 %),
- Weilerswist (-19,7 %),
- Emmerich (-12,4 %)
- und Hattingen (-10 %).
Ermessensspielräume im KAG
Doch warum sind die Gebühren mancherorts so hoch, und wie kommt es zu den enormen Steigerungen? Einen Grund sieht der BdSt in Ermessensspielräumen, die das Kommunalabgabengesetz (KAG) NRW den Städten und Gemeinden bei der Gebührenkalkulation einräumt. So können die Kommunen selbst entscheiden, ob sie das Anlagevermögen nach dem niedrigeren Anschaffungs- oder dem teureren Wiederbeschaffungszeitwert abschreiben.
Die extremen Gebührensteigerungen in Leopoldshöhe und Sassenberg hätte es nicht gegeben, wenn nicht die Räte entschieden hätten, die Abschreibung auf den Wiederbeschaffungszeitwert umzustellen. Sassenberg weist explizit darauf hin, dass dies auf Anregung der Gemeindeprüfungsanstalt NRW erfolgt ist.
Verzinsung des Eigenkapitals
Eine weitere Stellschraube sei die Verzinsung des Eigenkapitals, so der BdSt. In NRW dürfen die Kommunen ihr aufgewandtes Kapital verzinsen. Setzen die Kommunen hier höhere Zinsen an, steigen die Gebühren – und das in einer Zeit, in der die Bürger für ihr Erspartes herzlich wenig Zinsen zu erwarten haben.Die Mehrbelastungen für den BdSt-Musterhaushalt in Bedburg-Hau und in Leichlingen wären zum Teil vermeidbar gewesen, hätten diese beiden Kommunen nicht den Eigenkapitalzinssatz von 4 beziehungsweise 4,5 auf 5 Prozent erhöht, rechnet der BdSt vor.
Niederschlagswassergebühren
Wer Regenwasser in die städtische Kanalisation einleitet, zahlt eine Niederschlagswassergebühr an die Kommune. Dies gilt für die privaten Grundstückseigentümer, aber natürlich auch für den Bund, das Land und die 31 Kreise, wenn sie Straßen unterhalten, von denen der Regen in die Kanäle einer Kommune läuft.
Fast alle Städte und Gemeinden haben mittlerweile einen Niederschlagswassergebührensatz kalkuliert. Aber es gebe immer noch ein paar Ausreißer, die die hohen Aufwendungen für die Regenwasserbeseitigung allein den privaten Grundstückseigentümern aufbürden.
Nebenkostenbremse
Der Bund der Steuerzahler NRW hält es nicht für akzeptabel, wenn die Politik das Wohnen teurer macht als nötig. Das Land müsse die Spielräume einengen, indem es zum Beispiel eine gebührenzahlerfreundliche Kalkulation im KAG vorschreibt. Mit entsprechenden Änderungen im KAG und einem gedeckelten Grundsteuer B-Hebesatz im Grundsteuergesetz müsste das Land Nordrhein-Westfalen eine Nebenkostenbremse einführen, um die ständige Aufwärtsspirale bei den Wohnkosten zu durchbrechen, fordert der Verband. Doch hier fehle anscheinend der politische Wille.
Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen