ÖKO-TEST: Arzneimittel aus dem Wasserhahn
Die Untersuchungen von Öko-Test haben ergeben, dass vor allem Wasserwerke, die ihr Trinkwasser durch Uferfiltration gewinnen, die höchsten Gadoliniumwerte vorweisen. Neben dieser Art der Trinkwassergewinnung sei auch das Untersuchungsverhalten vieler deutscher Wasserwerke bedenklich. Obwohl immer wieder Arzneimittelrückstände im Trinkwasser gefunden werden, sind regelmäßige Analysen nicht gesetzlich vorgeschrieben. Oft wird das Trinkwasser nach einmaliger Untersuchung später keinen weiteren Tests unterzogen.
Wasserwerke: Hausanschlussleitungen sollen Mitschuld tragen
Befragt zu den Ursachen für die auffälligen Untersuchungsergebnisse der Öko-Tester gaben sich viele der betroffenen Wasserwerke recht zugeknöpft. Laut Aussage von zwei Trinkwasserversorgern seien verunreinigte Wasserrohre hinter den Hausanschlüssen schuld. Ein Betreiber sah die Ursache in verchromten Armaturen. Für die Öko-Tester sind das keine schlüssigen Erklärungen.
Sie wissen, wie Arzneimittel ins Trinkwasser kommen: Medikamente werden über den Urin und Stuhl ausgeschieden oder über die Toilette beziehungsweise den Ausguss entsorgt. Kläranlagen reinigen zwar das Abwasser, doch im Kampf gegen Arzneimittel ziehen sie häufig den Kürzeren. Denn diese sind oft wasserlöslich, so dass sie kaum im Klärschlamm, in Ablagerungsgesteinen oder in Schwebstoffen hängen bleiben. Leider legt die Trinkwasser-Verordnung gesetzlich keine Grenzwerte für Arzneimittelrückstände fest, weshalb laut ÖKO-TEST bei den Wasserwerken nur eine geringe Bereitschaft besteht, entsprechende Analysen durchzuführen.
Dass im Grundwasser Rückstände von Arzneimitteln zu finden sind, ist keine neue Nachricht: Das Umweltbundesamt weist in einem Bericht aus dem Jahr 2011 bereits 55 Positivbefunde aus, in Oberflächengewässern sogar 131.
Trinkwasser aus Uferfiltrat besonders betroffen
ÖKO-TEST hat in 69 Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern stichprobenhaft Trinkwasserproben entnommen und exemplarisch auf Gadolinium untersuchen lassen. Dieser Stoff wird als Kontrastmittel in der Magnetresonanztomografie verwendet. Bei der Untersuchung zeigte sich, dass Städte an Rhein und Ruhr, aber auch Westberlin besonders betroffen sind. Der Grund ist, dass ein Teil des Trinkwassers aus Uferfiltraten stammt. Auf den ersten Blick überraschend ist, dass auch in Münster, Nürnberg und Fürth erhöhte oder leicht erhöhte Gadoliniumgehalte gefunden wurden. Während die Befunde für Nürnberg und Fürth nicht ohne weiteres erklärbar sind, könnte es in Münster daran liegen, dass hier ein Teil des Trinkwassers aus Oberflächenwasser gewonnen wird.
Keine direkte Gefahr
Zwar sei von den nachgewiesenen Gadoliniumgehalten keine gesundheitliche Gefahr zu erwarten, so ÖKO-TEST weil die analysierten Mengen sehr gering sind. Aber es sei ungeklärt, ob es chronische Effekte nach sich zieht, wenn Menschen dauerhaft geringe Konzentrationen von Arzneimitteln aufnehmen. ÖKO-TEST rät daher: Um den Arzneimitteleintrag in die Umwelt so gering wie möglich zu halten, sollten Dosierungsangaben beachtet werden und kleinste Packungsgrößen gewählt werden. Abgelaufene Medikamente gehören zudem in den Restmüll und nicht in die Toilette.
Das ÖKO-TEST-Magazin September 2014 gibt es seit dem 29. August 2014 im Zeitschriftenhandel. Das Heft kostet 4,50 Euro.