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IKT-eNewsletter August 2008
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IKT-Newsletter

W�rme aus Abwasser:
Ein Thema f�r kommunale Netzbetreiber

Die Gewinnung von W�rme aus Abwasser ist ein Thema, das zugleich energie- und abwasserwirtschaftliche Dimensionen aufweist und damit auch f�r Netzbetreiber ein lohnendes Bet�tigungsfeld darstellen kann. In der Vergangenheit hat das IKT untersucht, wie der Einsatz von W�rmetauschern im Kanal technisch und wirtschaftlich vertretbar sein kann. Das IKT bietet Netzbetreibern M�glichkeiten zur Zusammenarbeit an.

Funktionsweise der W�rmegewinnung aus Abwasser

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Funktionsweise einer
Abwasserw�rmenutzungsanlage

Viele Nutzungen von Trinkwasser sind mit einer Erw�rmung verbunden, so dass mit dem Abwasser ein stetiger W�rmeabfluss durch die Kanalisation stattfindet. In Abh�ngigkeit von der Jahreszeit weist das Abwasser i.d.R. eine Temperatur zwischen 10 und 20 �C auf. Diese W�rmeenergie kann mittels Abwasserw�rmenutzungsanlagen (AWNA) gewonnen und zur Beheizung von Liegenschaften sowie zur Warmwasserversorgung eingesetzt werden. Bestandteile einer AWNA sind W�rmetauscher, Transportleitungen und eine W�rmepumpe.

Die Gewinnung von W�rme aus Abwasser erfolgt in drei W�rmetauschprozessen: In den vom Abwasser �berstr�mten W�rmetauschern zirkuliert ein Medium, das die Temperatur des Abwassers annimmt. Durch Transportleitungen wird das erw�rmte Medium einer W�rmepumpe zugef�hrt. Dort findet ein zweiter W�rmetausch an ein Medium in der W�rmepumpe statt. Dieses verdampft infolge der W�rmezufuhr aus dem Kanal. In der W�rmepumpe erfolgt nun eine Verdichtung des verdampften Mediums, wodurch die Temperatur auf ein nutzbares Niveau angehoben wird. In einem dritten W�rmetausch erfolgt die Einspeisung der W�rme in den Heizungskreislauf.

Eine Besonderheit der W�rmer�ckgewinnung aus Abwasser besteht darin, dass diese Bestandteil eines hybriden Heizungssystem ist: Die W�rmepumpe versorgt die Grundlast, f�r Spitzenlastbedarfe wird zus�tzlich ein konventioneller Heizkessel eingesetzt. Eine weitere Besonderheit liegt in der M�glichkeit, AWNA zur Klimatisierung von R�umen einzusetzen. Dabei verl�uft der W�rmetausch in umgekehrter Richtung, d.h. �bersch�ssige Raumw�rme wird an das Abwasser abgegeben.

Einfluss von W�rmetauschern auf die Kanalisation

Das IKT hat im Rahmen des Forschungsprojektes �W�rmegewinnung aus Abwasserkan�len� den Einfluss von W�rmetauschern auf die Kanalisation hinsichtlich Arbeitssicherheit, Dauerhaftigkeit und Auswirkung von Kanalreinigung untersucht. Dabei orientierten sich die IKT-Forscher an den in Leverkusen eingebauten W�rmetauschern, System Rabtherm�. Diese W�rmetauscher bestehen aus rostfreiem Edelstahl mit der Werkstoffnummer 1.4571, sind in eine Trockenwetterrinne eingebaut und haben direkten Kontakt zum Abwasser.

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W�rmetauscherelemente Rabtherm�
in einem Kanal
Bild: Wallstein Ingenieur GmbH

Die Untersuchungen ergaben, dass negative Auswirkungen auf Dichtheit oder Standfestigkeit ebenso wenig zu erwarten sind wie Einschr�nkungen der Dauerhaftigkeit durch Korrosionsvorg�nge. Auch Kanalreinigungen lassen keine Ver�nderungen erwarten, die einen negativen Einfluss auf die Dauerhaftigkeit von W�rmetauscher-Elementen haben.

Hinsichtlich der Arbeitssicherheit konnte festgestellt werden, dass, zur sicheren Seite, die z.B. beim Begehen von Mauerwerkskan�len �bliche Vorsicht auch f�r das Begehen von Edelstahl-W�rmetauschern angemessen und ausreichend ist.

Gewinnung von W�rme aus Abwasser

Das IKT hat die Bedingungen f�r einen sinnvollen Einsatz von AWNA erarbeitet und in einem Anforderungskatalog zusammengetragen. Es hat sich herauskristallisiert, dass f�r eine sinnvolle Nutzung der Abwasserw�rme beachtliche technische und wirtschaftliche Restriktionen zu beachten sind.

Die technischen Anforderungen richten sich in erster Linie an Merkmale der Kanalisation. F�r die W�rmegewinnung aus Abwasser geeignete Kanalisationsabschnitte liegen vor, wenn die nachfolgenden Kriterien erf�llt sind:

  • Mindestquerschnitt > DN 800 (begehbarer Kanal)
  • mittlerer Trockenwetterabfluss > 12 bis 15 l/s
  • Mindestgef�lle
  • Material und Zustand des Kanals
  • keine Einschr�nkungen der erforderlichen hydraulischen Reserven
  • m�glichst geradlinig verlaufende Kan�le mit einer L�nge von bis zu 200 m
  • Zug�nglichkeiten f�r Bauphase und Betrieb
  • Ausschluss des Unterschreitens der Mindestbetriebstemperatur f�r Kl�ranlagen

Insgesamt sind bereits die technischen Anforderungen sehr vielf�ltig. Aufgrund der Gr��e der Kanalisationsnetze lassen sich durchaus Kanalisationsabschnitte ausfindig machen, die die technischen Restriktionen erf�llen und damit f�r die W�rmegewinnung aus Abwasser prinzipiell zur Verf�gung stehen.

Vermarktung von W�rme aus Abwasser

�ber die Gewinnung hinaus spielt die Vermarktung der W�rmeenergie eine zentrale Rolle. Somit sind auch wirtschaftlichen Restriktionen f�r den Einsatz von AWNA zu beachten. Geeignete Standorte f�r die Vermarktung von W�rme aus AWNA zeichnen sich dadurch aus, dass

  • in maximaler Entfernung von 200 m zum Ort der W�rmegewinnung ein W�rmebedarf von mindestens 150 kW bedient werden kann,
  • die AWNA m�glichst kontinuierlich ausgelastet ist (Absatz von Heizw�rme im Winter und Klimak�lte im Sommer) und
  • die Zeitpunkte f�r (Ersatz-)Investitionen in Kanalneubau oder -sanierung, Energieversorgung und Heizungssystem zusammenfallen.

Sind diese Voraussetzungen erf�llt, k�nnen die wirtschaftlichen Vorteile einer AWNA zum Tragen kommen. Bis zur Realisierung einer AWNA ist allerdings noch ein weiterer Schritt erforderlich: Die beteiligten Akteure m�ssen eine freiwillige und dauerhafte Kooperationsbeziehung eingehen. Beteiligte Akteure sind Kanalnetzbetreiber und Energieversorger auf der Anbieterseite und Liegenschaftsbesitzer auf der Nachfrageseite. In dieser Konstellation kann Kooperation zustande kommen, wenn aus den Ertr�gen der Vermarktung der W�rmeenergie s�mtlicher Aufwand (Investition und Betriebskosten) gedeckt und �berdies ein Gewinn vereinnahmt werden kann. Zugleich muss die W�rmeenergie zu wettbewerbsf�higen Preisen angeboten werden, damit W�rme aus Abwasser auch f�r die Nachfrager interessant wird.

Die Rentabilit�t ist das �konomische Schl�sselkriterium bei der Vermarktung von Abwasserw�rme. Eine rentable AWNA liegt vor, wenn W�rmeenergie zu wettbewerbsf�higen Preisen angeboten wird und aus den Erl�sen alle anfallenden Investitions- und Betriebskosten sowie die Gewinnanspr�che der Anbieter (Kanalnetzbetreiber, Energieversorger) bedient werden.

Potenzial der W�rmegewinnung aus Abwasser in NRW

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W�rmetauscher in der Kanalisation

Mit Hilfe von W�rmetauschern k�nnen aus 1.000 Litern Abwasser 1,5 kWh je Kelvin Temperaturdifferenz gewonnen werden. Die Leistung je Meter W�rmetauscher betr�gt rd. 2,5 kW. Das hei�t eine Anlage mit einem maximal 200 m langen W�rmetauscher weist eine Leistung von rund 500 kW auf.

Unter Beachtung der technischen und �konomischen Restriktionen hat das IKT das Potenzial f�r die Gewinnung und Vermarktung von W�rme aus Abwasser f�r das Land NRW �berschl�gig ermittelt. Nach Einsch�tzung des IKT besteht innerhalb der rund 87.000 km langen Kanalisation Nordrhein-Westfalens unter Beachtung der zuvor angef�hrten Kriterien j�hrlich ein Potenzial f�r etwa 50 AWNA mit einer Gesamtleistung von 25 Megawatt.

Insgesamt besteht f�r die W�rmegewinnung aus Abwasser derzeit lediglich ein Nischenpotenzial, welches allerdings l�ngst nicht ausgesch�pft wird. Dabei sind erg�nzend einige Aspekte besonders hervorzuheben: Da es sich bei dem Potenzial von 50 AWNA um einen Jahreswert handelt, w�rden die energiewirtschaftlichen und umweltpolitischen Effekte (Verminderung von Prim�renergieeinsatz und CO2-Emissionen) �ber die Zeitachse kumulieren.

Zudem ist bei steigenden Roh�lpreisen eine erh�hte Wettbewerbsf�higkeit von AWNA zu erwarten, weil bei AWNA nur in verh�ltnism��ig geringen Umfang Prim�renergie ben�tigt wird. Und schlie�lich k�nnen sich auch Lerneffekte bei Errichtung und Betrieb von AWNA positiv in der Wirtschaftlichkeit niederschlagen.

Systematische Erschlie�ung der W�rmequelle Abwasser

Um W�rme aus Abwasser nutzen zu k�nnen, muss zun�chst eine sorgf�ltige Auswahl der geeigneten Standorte anhand der oben dargestellten Kriterien erfolgen. F�r die ausgew�hlten Standorte muss auf der Grundlage von Wirtschaftlichkeitsrechnungen im Einzelfall die zu erwartende Rentabilit�t ermittelt werden. Bei einem positiven Ergebnis sind die grundlegenden Voraussetzungen f�r eine Kooperation der beteiligten Akteure erf�llt.

Der Erschlie�ung der W�rmequelle Abwasser stehen nach Auffassung des IKT eine Kombination aus Informationsdefiziten und unterschiedlicher Wissensverteilung (Informationsasymmetrien) entgegen: Prinzipiell sind geeignete Standorte vorhanden, diese sind jedoch weder den Kanalnetzbetreibern noch den Energieversorgern bekannt. Zudem bestehen Informationsasymmetrien dahingehend, dass Energieversorger wenig �ber die in der Kanalisation befindlichen Abwasser- und Energiemengen wissen. Auch ist den Energieversorgern nicht bekannt, zu welchen Zeitpunkten Kanalabschnitte saniert werden und wo sich Kanalabschnitte befinden, die generell die technischen Voraussetzungen f�r die W�rmegewinnung aus Abwasser erf�llen. Ein Abgleich mit der zu versorgenden Nachfrage nach W�rmeenergie kann somit nicht stattfinden. Auf der Seite der Netzbetreiber ist zwar das Wissen �ber geeignete Kanalisationsabschnitte vorhanden, hingegen nicht das Wissen �ber die Chancen und Risiken der Vermarktung von Energie.

Wenn nun die W�rmequelle Abwasser systematisch erschlossen werden soll, dann m�ssen die Informationsasymmetrien abgebaut werden. Dieses kann idealtypisch in den nachfolgenden Schritten erfolgen:

  • Die Netzbetreiber legen diejenigen Standorte offen, f�r die die technischen Anforderungen der W�rmegewinnung aus Abwasser erf�llt sind.
  • Die Energieversorger nehmen eine Beurteilung der Standorte im Hinblick auf die Vermarktungschancen vor.
  • F�r potenziell geeignete Standorte wird eine Wirtschaftlichkeitsrechung durchgef�hrt.
  • Kanalnetzbetreiber und Energieversorger vereinbaren eine verbindliche Regelung zur Verteilung des Gewinns sowie der Aufgaben und Pflichten f�r Errichtung und Betrieb der AWNA.

Nutzen f�r Kanalnetzbetreiber

Die Gewinnung von W�rme aus Abwasser kann f�r Kanalnetzbetreiber vorteilhaft sein, da aus der Bereitstellung der Kanalisation f�r die W�rmegewinnung Einnahmen resultieren. Dabei m�ssen mindestens die durch die Nutzung der Abwasserw�rme verursachten Kosten einschlie�lich der zus�tzlich auftretenden Betriebskosten (wie zum Beispiel erh�hter Kontroll- und Reinigungsaufwand) kompensiert werden. Um Netzbetreibern einen Anreiz f�r ein Engagement in die W�rmegewinnung aus Abwasser zu geben, m�ssen diese dar�ber hinaus an den Gewinnen aus der Vermarktung der Abwasserw�rme partizipieren. Sofern sich auf diese Weise der finanzielle Handlungsspielraum f�r die Bew�ltigung der Entw�sserungsaufgaben verbessern l�sst, entsteht indirekt auch ein Nutzen zugunsten des Gew�sserschutzes.

Ein weiterer interessanter Aspekt besteht darin, dass die Kanalisation �ber die von der �ffentlichkeit oftmals nicht wahrgenommene Funktion der Abwasserentsorgung hinaus eine Bedeutung f�r die Energieversorgung gewinnt. Energiewirtschaftliche Themen genie�en in der �ffentlichkeit eine hohe Aufmerksamkeit, vor allem wenn umweltfreundliche Energietr�ger im Spiel sind. R�cken durch die W�rmegewinnung aus Abwasser die Leistungen rund um die Kanalisation st�rker in das Bewusstsein der B�rger, kann auf diese Weise f�r eine positive Einstellung zu den Aktivit�ten von Kanalnetzbetreibern geworben werden. Gute Beziehungen zwischen Kanalnetzbetreibern und B�rgern k�nnen sich zu gegebener Zeit bezahlt machen, wenn die Kanalnetzbetreiber mit weniger popul�ren Aufgaben an die B�rger herantreten m�ssen, beispielsweise im Bereich der Entw�sserung privater Grundst�cke.

Was das IKT f�r Sie tun kann

Das IKT hat das Know-how zur Identifizierung geeigneter Kanalisationsabschnitte f�r die W�rmegewinnung aus Abwasser. Mit der Anwendung dieses Wissens von neutraler und unabh�ngiger Seite auf den Kanalisationsbestand Ihrer Kommune kann der Grundstein f�r eine systematische Erschlie�ung der W�rmequelle Abwasser gelegt werden. Nachfolgende Leistungen bietet das IKT an:

Machbarkeitsstudie

  • Bericht �ber die Bedingungen und M�glichkeiten der W�rmegewinnung in Ihrer Kommune
  • Prozessdesign f�r weitere Erschlie�ung der W�rmequelle Abwasser
  • Benennung der zu beteiligenden Akteure

Potenzialanalyse

  • detaillierte Untersuchung zur Identifizierung potenziell geeignete Standorte
  • energie- und umweltpolitisches Potenzial der W�rmegewinnung aus Abwasser

Kontaktbildung und Moderation

  • Dialog mit zu beteiligenden Akteuren auf kommunaler Ebene
  • Bildung von Netzwerken auf �berregionaler Ebene
  • Erfahrungsaustausch
  • Standardisierung von Abl�ufen

Ansprechpartner im IKT

Wenn Sie wissen m�chten, welches Potenzial Ihr Kanalisationsnetz f�r die W�rmegewinnung aus Abwasser bietet, nehmen Sie bitte mit uns Kontakt auf. Gerne er�rtern wir mit Ihnen die M�glichkeiten einer Unterst�tzung durch das IKT in einem pers�nlichen Gespr�ch.



Dr. rer. oec. Lutz Rometsch
Dipl.-Ing. Christoph Bennerscheidt
IKT � Institut f�r Unterirdische Infrastruktur gGmbH
Exterbruch 1
45886 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-0
Fax: 0209 17806-88
E-Mail: info@ikt.de
Internet: www.ikt.de



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