IKT-eNewsletter Juni 2003URL /index.php?doc=313
30.06.2003


IKT

Zustandserfassung privater Leitungen – technische Umsetzung, Teil 3

Private Abwasserleitungen betreffen auch öffentliche Kanalnetzbetreiber: Akute Probleme wie starke Fremdwasserzuflüsse aus Hausanschlüssen sowie knappe gesetzliche Fristen machen Privatleitungen zur öffentlichen Angelegenheit. Große Unsicherheiten herrschen bei vielen Betroffenen: Wie orten, wie inspizieren und wie Dichtheit prüfen? Lesen Sie im Teil 3 der IKT-eNewsletter - Reihe „Grundstücksentwässerung“ mehr zu den Fragen, welche Verfahren Sie bei der Reinigung und der Ortung einsetzen können und wo die Grenzen der Verfahren liegen...

Auf dem IKT-Erfahrungsaustausch Grundstücksentwässerung 2003 werden alle Ergebnisse der IKT-Untersuchungen präsentiert. Hersteller und Dienstleister zeigen in praktischen Vorführungen von Inspektion, Sanierung, Dichtheitsprüfung und Ortung von Leitungen ihre neuesten Angebote. Programm und Anmeldung hier:

https://www.ikt.de/gew2003/gew.html

Im April diesen Jahres wurden Ihnen im ersten Teil der IKT-Newsletterreihe „Grundstücksentwässerung“ die umfangreichen Praxisuntersuchungen des IKT und die sich daraus ergebenden Kernergebnisse dargestellt.

Im zweiten Teil der Serie (Mai 2003) wurde es dann konkret: Hier wurden Fragen zu den zugelassenen Prüfverfahren und zu den einzuhaltenden Prüfintervallen im Detail beantwortet. Zusätzlich wurden die Besonderheiten der privaten Abwassernetze dargestellt und 5 Netztypen definiert, die dabei helfen können, das private Abwassernetz zu untersuchen.

Im dritten Teil der Serie geht es nun um die folgenden Fragestellungen:

  • Welche Verfahren sind einsetzbar bei Reinigung und Ortung ?

  • Was können die Verfahren, wo liegen die Einsatzgrenzen, wo gibt es Probleme ?

  • Wie kann das Problem der Vorflutsicherung gelöst werden ?
     

Welche Verfahren sind einsetzbar bei Reinigung und Ortung ?

Reinigung

Bei der Reinigung der privaten Leitungen kommt vor allem die Hochdruckreinigung mit Reinigungsdüsen sowie die mechanische Reinigung mittels Spiralmaschinen mit Kettenaufsatz zum Einsatz. Fräsroboter werden bei der bloßen Entfernung von Ablagerungen, bei Verstopfungen oder vor Dichtheitsprüfungen i.d.R. nicht eingesetzt, sie können die meisten Leitungsbereiche auch nicht erreichen.

 

Bild 1: Hochdruckreinigung

Bild 2: Spiralmaschine mit Kettenaufsatz

 

Ortung

Mit einigen der näher betrachteten Ortungs- bzw. Detektionsverfahren konnten im Rahmen der Untersuchungen keine aussagekräftigen Ergebnisse für den vorliegenden Anwendungsfall erzielt werden. Hierzu gehören das Bodenradar, die Thermographie, die akustische Ortung, die Geoelektrik und die Gasdetektion.

Durch den Einsatz von Benebelungsmaschinen, Tracern (Färbeflüssigkeiten) und der elektromagnetischen Ortung waren Aussagen zur Leitungs- und Anschlusslage grundsätzlich möglich.

 


Bild 3: Einsatz eines Tracers


Bild 4: Einsatz der elektromagnetischen Ortung


Bild 5: Einsatz eines Benebelungsgerätes

 

Was können die Verfahren, wo liegen die Einsatzgrenzen ?

Die Einsatzgrenzen und die verfahrensspezifischen Probleme der zur Verfügung stehenden Verfahren werden anhand der im Mai dargestellten Netztypen erläutert:

HAL

Netztyp A

Netztyp B

Netztyp C

Netztyp D

Bild 6: Die fünf Netztypen

Reinigung

·        Hochdruckreinigung

Die Hauptleitungsstrecken der Netztypen HAL, A und B lassen sich i.d.R. gut mittels Wasserhochdruck reinigen.

Eine Reinigung der seitlichen Abzweige dieser Teilnetze sowie der Netztypen C und D läßt sich nur durchführen, wenn das Personal entsprechend geschult ist und ein Zugang an den Endpunkten der Abzweige geschaffen werden kann. Die Gefahr eines Rückstaus des Wassers ist allerdings groß, daher ist in der Regel eine Reinigung der seitlichen Abzweige sowie der Netztypen C und D mit Wasserhochdruck nicht zu empfehlen.

·        Spiralmaschine

Spiralmaschinen mit Kettenaufsatz können bei starken Verschmutzungen in den Hauptleitungsstrecken der Netztypen HAL, A und B eingesetzt werden.

In der Regel ist eine Reinigung der seitlichen Abzweige sowie der Netztypen C und D mit Spiralmaschinen möglich, wenn Zugänglichkeiten an den Endpunkten der Abzweige geschaffen werden können. Sind an den Endpunkten der Leitungen nur Zugänge über sehr kleine Rohrdurchmesser (z.B. DN 50 bei Waschbecken) gegeben, ist eine Reinigung des Netzes nicht sehr effektiv, da kein Reinigungsaufsatz auf die Spiralmaschine aufgesetzt werden kann.

Ortung

Benebelung

  • Einsetzbarkeit

Eine Benebelung des Gesamtnetzes zum Auffinden von Fehlanschlüssen ist ohne viel Aufwand durchführbar. Eine Einzeluntersuchung der Netztypen C und D ist wegen der schlechten Zugänglichkeit allerdings nicht möglich.

  • Vorarbeiten Dichtheitsprüfung / Sanierungsplanung

Findet sich ohne planmäßige Zuflüsse ein Wasserzustrom in der Hausanschlussleitung, kann mittels Benebelung schnell festgestellt werden, ob dieser durch einen Fehlanschluss verursacht wird.

Als Vorbereitung für eine Sanierungsplanung ist eine Benebelung stets sinnvoll, um sämtliche Anschlüsse, also auch Fehlanschlüsse, zu erkennen.

Tracer

  • Einsetzbarkeit

Tracer eignen sich zum Zuordnen von Abzweigen zu Entwässerungsgegenständen in allen Netztypen.

  • Vorarbeiten Dichtheitsprüfung / Sanierungsplanung

Tracer sind ein gutes Hilfsmittel, um Netzstrukturen zu klären. Ein Einsatz scheint damit sowohl zur Vorbereitung einer Dichtheitsprüfung als auch im Rahmen einer Sanierungsplanung sinnvoll.

Elektromagnetische Ortung

  • Einsetzbarkeit

Die Sondenköpfe können in die Hauptleitungsstrecken der Netztypen HAL, A und B gut eingebracht werden.

Eine Ortung der seitlichen Abzweige sowie der Netztypen C und D ist nur möglich, wenn ausreichend große Zugänglichkeiten an den Endpunkten der Abzweige geschaffen werden können, um die Sonde von dort in die Leitung einzubringen. Sind zahlreiche Bögen in den Leitungen dieser Teilnetze vorhanden, kann die Sonde meist nicht durch die gesamte Leitung geschoben werden.

  • Vorarbeiten Dichtheitsprüfung / Sanierungsplanung

Die Kenntnis des Leitungsverlaufes und der Lage von Abzweigen ist speziell für die Sanierungsplanung (und Ausführung) notwendig. Zur Durchführung der Dichtheitsprüfung genügt es i.d.R. die Lage der Abzweige aufzunehmen. Zusätzlich kann eine Ortung die Orientierung innerhalb des Entwässerungsnetzes erleichtern.

Wodurch ergeben sich Probleme ?

Reinigung

Die für eine Zustandserfassung notwendigen Reinigungen sind i.d.R. intensiver als für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Leitungen erforderlich wäre. Speziell der Einsatz einer Spiralmaschine sollte kritisch gesehen werden. Durch die Schlagwirkung der Spirale bzw. der Ketten ist es denkbar, dass Schäden und somit Undichtigkeiten an zuvor intakten Leitungen durch die Reinigung verursacht oder bestehende Schäden vergrößert werden. Manche Teilbereiche sind unter Umständen gar nicht zu reinigen. Grundsätzlich ist von stärkeren Fettablagerungen in den Leitungen als im öffentlichen Kanal zu rechnen (siehe Bild 7). Selbst bei der Anwendung von Hochdruckdüsen sind dann mehrere Reinigungsdurchgänge notwendig. Unter Umständen kann trotzdem ein leichter Film auf der Leitungsinnenwandung zurückbleiben, der den Einsatz von Fahrwagenkameras (Umkippen des Fahrwagens) oder die Haftung von Materialien (z.B. bei Linersanierungen) erschwert.

 

Bild 7: Fettablagerungen verunreinigte häusliche Abwasserleitung

 

Ortung

Mit der elektromagnetischen Ortung unter Einsatz eines Sondenkopfes steht ein Verfahren zur Verfügung, das geschultem Personal ermöglicht, die Topologie (Lage, Tiefenlage und Richtung der Leitung ) vieler Bereiche des Grundstücksentwässerungsnetzes aufzunehmen.

In der Regel ist nur bei Netztyp D eine sichere Ortung der Leitungsverläufe nicht möglich, wenn die Leitungen zu eng beieinander liegen, so dass bereits geringe Ortungsfehler zu einem falschen Ergebnis führen. Meist sind zahlreiche markante Punkte wie z.B. Leitungsverzweigungen aufzunehmen, so dass die Wirtschaftlichkeit fraglich ist.

Für alle Leitungsbereiche gilt: Finden sich elektromagnetische Felder im Leitungsbereich, so können diese störend wirken. Insbesondere Stromleitungen verhindern die zuverlässige Ortung gänzlich. Derzeit findet sich auf dem Markt kein Verfahren, das unter diesen Randbedingungen unter vertretbarem Aufwand eine Aufnahme der Topologie des Netzes erlaubt.

 

Bild 8: Störung der elektromagnetischen Ortung durch Stromleitungen

 

Wie kann das Problem der Vorflutsicherung gelöst werden ?

Bei der optischen Inspektion und bei Dichtheitsprüfungen an Mehrfamilienhäusern, in Betrieb befindlichen öffentlichen Gebäuden sowie bei Regenereignissen (bei Entwässerung im Mischsystem) kann eine Vorflutsicherung notwendig werden.

Bei geringem Wasserfluss kann auf eine Wasserhaltung verzichtet werden, wenn sichergestellt ist, das es durch einen Rückstau in den Leitungen nicht zu Schäden im Gebäude kommt.

Soll z.B. vermieden werden, dass bei einer Wasserfüllstandsprüfung kein zusätzliches Wasser (z.B. aus WC-Spülbehältern) in den Prüfraum gelangt und so das Prüfergebnis verfälscht, können vorsorglich die Fallrohre, die über ausreichend große Öffnungen verfügen, mit einer Prüfblase oberhalb der Öffnung abgesperrt werden.

Unter Umständen können die Regenabläufe auf einem Flachdach kurzfristig unter ständiger Beobachtung abgesperrt werden.

Bei einem starken Wasserfluss in den Leitungen, wie er z.B. bei starken Regenereignissen auftritt, ist eine Wasserhaltung unumgänglich.

Diese stellt bei Netztyp HAL i.d.R. kein Problem dar.

Bei den Netztypen A, B, C und D kann eine Wasserhaltung meist nur über die vertikalen Fallrohre aufgebaut werden. Dazu müssen spezielle Geräte (siehe Bild 9) verwendet werden, die noch keine große Marktverbreitung besitzen. Diese Geräte besitzen eine Durchgangsblase, die durch eine Revisionsöffnung in eine Fallleitung eingesetzt und dort aufgeblasen werden kann. Das Abwasser fließt so in einen Pumpenbehälter. Vor der Pumpe befindet sich eine Häckselmaschine, in der feste Stücke zerkleinert werden. Über einen Schlauch wird das Abwasser dann bis in den nächsten Schacht gepumpt.

Sind keine Zugänglichkeiten in den Fallrohren gegeben oder sind diese komplett verdeckt, können diese Geräte nicht eingesetzt werden. Zugänglichkeiten müssen dann erst geschaffen werden. Dies kann hohe Kosten verursachen.

Grundsätzlich sind Maßnahmen zur Wasserhaltung sehr aufwendig und sollten möglichst vermieden werden (z.B. keine Prüfungen bei Regenereignissen, Sperrung der Wasserversorgung bei Mehrfamilienhäusern).

 

Bild 9: Aufbau einer Wasserhaltung im häuslichen Entwässerungssystem

 

IKT-eNewsletter-Reihe Grundstücksentwässerung

Lesen sie in den nächsten IKT-Newslettern zum Thema Zustandserfassung von privaten Leitungen - technische Umsetzung welche Verfahren und Geräte bei der optischen Inspektion und der Dichtheitsprüfungen in den fünf definierten Teilnetzen eingesetzt werden können und worauf beim grundsätzlichen Vorgehen zu achten ist:

Juli 2003

  • Welche Verfahren bieten sich an bei Zustandserfassung und Dichtheitsprüfung?

  • Was können die Verfahren, wo liegen die Einsatzgrenzen, wo gibt es Probleme ?

August 2003

  • Wie geht man in Abhängigkeit des Gebäudetyps und des Gebäudealters vor?

  • Welche Verfahren sollte ich wie kombinieren?

  • Welcher Aufwand bei der Zustandserfassung ist noch sinnvoll in Bezug auf die Forderungen des §45 BauO NRW und einer Sanierungsplanung?

  • Worauf ist bei dem Bürgerkontakt zu achten?

  • Worauf sollte man bei der Firmenbeauftragung achten?

IKT-Erfahrungsaustausch Grundstücksentwässerung am 26. Juni 2003

Auf dem IKT-Erfahrungsaustausch Grundstücksentwässerung 2003 stehen die Themen Kooperationsmöglichkeiten zwischen Gemeinden und Bürgern, die Möglichkeiten zur Zustandserfassung und die Erstellung von technisch und wirtschaftlich sinnvollen Sanierungsskonzepten im Mittelpunkt. Das IKT stellt seine neuesten Forschungsergebnisse vor und Praktiker aus Kommunen berichten über ihre konkreten Erfahrungen. Darüber hinaus führen verschiedene Verfahrensanbieter ihre neuesten Produkte und Angebote auf dem Freigelände des IKT praktisch vor. Erwartet werden mehr als 100 Teilnehmer aus Kommunen, Ingenieurbüros und der Industrie. Programm und Anmeldung:

https://www.ikt.de/gew2003/gew.html

 

Richten Sie bitte Ihre Anfragen an: 

Dipl.-Ing. René Puhl
IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur
Exterbruch 1
45886 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-22
Fax.: 0209 17806-88



© IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH2024
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des IKT