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10.05.2005


Sanierungskonzepte von Grundstücksentwässerungen

Handlungsbedarf bei Kanalisationen aus Sicht des Landes NRW

 
 

Auf dem „Tag der Forschung 2005“ hat das IKT seine neuesten Forschungsergebnisse präsentiert. Gut 100 Vertreter von kommunalen Netzbetreibern, Ingenieurbüros und Industrie nahmen teil. Das Einführungsreferat hielt Christiane Friedrich, Staatssekretärin im NRW-Umweltministerium über den Handlungsbedarf und EU-Anforderungen bei Kanalisationen in den kommenden Jahren.

Das Programm des diesjährigen Tags der Forschung umfaßte Berichte aus aktuellen Projekten zu Themen wie Selbstüberwachung, Kanalreinigung, Wärmegewinnung aus Abwasser usw. (Lesen Sie hier mehr...)

Für diejenigen, die nicht an dieser Veranstaltung teilnehmen konnten, geben wir hier den Vortrag von Frau Staatssekretärin Christiane Friedrich von NRW-Umweltministerium wieder:

 
 

Rede von Frau Staatssekretärin

Christiane Friedrich

zum „Tag der Forschung“ im IKT

am 12.04.2005

 

 
Handlungsbedarf bei Kanalisationen aus Sicht des Landes NRW
  
 

Ich freue mich, dass das IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur die Ergebnisse seiner Forschungsprojekte der Öffentlichkeit darstellt. Es sind heute auch insbesondere die kommunalen Netzbetreiber angesprochen, da sich die Forschungsarbeit des IKT vorwiegend an den Praxiserfordernissen der kommunalen Netzbetreiber ausrichtet.

Das IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur, wurde 1993 errichtet und 1994 in Betrieb genommen. Seine Aufgabenstellung ist die Weiterentwicklung der Kenntnisse über die Anlagen, die der Sammlung und Ableitung des Abwassers dienen.

 

(v.l.n.r.): Staatssekretärin Christiane Friedrich, Dipl.-Ing. Rolf Bielecki, Dr.-Ing. Bert Bosseler, Dr. rer. oec. Lutz Rometsch, Dipl.-Ing. Thomas Birkner

   

Alle Themen im Bereich Abwasser stehen aktuell immer im Zusammenhang mit dem besonders bedeutsamen, übergreifenden Themenkomplex der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Die Frage der Qualität der Kanalisation, also auch ob die Kanäle dicht sind, steht damit im unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewässergüte.

Dazu ist es zwingend notwendig, dass die Akteure im Bereich Abwasserableitung intensiv mitwirken. Die ordnungsgemäße Funktion der Kanäle zu gewährleisten und zu sichern ist einer der prioritären Eckpfeiler zur Umsetzung einer nachhaltigen Wasserwirtschaft. Dies betrifft sowohl die Ableitung von Niederschlagswasser, als auch den Schutz des Grundwassers vor austretendem Abwasser und den Schutz der Behandlungsanlagen vor Fremdwasser.

     
     

 

Als einer der wasserwirtschaftlichen Schwerpunkte in NRW muss das Emschersystem als Erblast der industriellen Entwicklung umgebaut werden. Hier ist auf der „Baustelle Kanal“ eine Aufgabe zu leisten, zu deren Umsetzung im Hinblick auf bestimmte Fragestellungen auch Forschungsarbeit benötigt wird. Hier finden z.B. die Ergebnisse erfolgreicher Forschungsvorhaben, auch die im Rahmen der Kanalisationstechnik, konkrete Anwendung.

Aber nicht nur an der Emscher gibt es viel zu tun.

Begrüßungsrede: Dipl.-Ök. Roland W. Waniek, IKT

   
Ein dezentraler, ortsnaher Umgang mit Regenwasser muss angestrebt werden, um möglichst viel Niederschlag der Kanalisation fernzuhalten, ohne dass dadurch Schäden an Gebäuden oder Belastungen des Grundwassers verursacht werden. Auch muss vielerorts die Belastung der Kanalisation durch eindringendes Fremdwasser verringert werden, um die Kläranlagen und Regenwasserbehandlungsanlagen nur im zulässigen Rahmen zu belasten. Sie sehen meine Damen und Herren, die „Baustelle Kanal“ stellt sich in naher Zukunft vielfältigen Aufgaben, zu deren Lösung das IKT beitragen will und kann.
     
     

Im IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur wurden verschiedene Versuchsstände errichtet, wobei der Großversuchsstand wegen seiner Einmaligkeit wohl die wichtigste Einrichtung ist. Der Großversuchsstand dient zur Gewährleistung realitätsnaher Testbedingungen auch für Rohre mit großen Nennweiten. Hier können z.B. Rohrvortriebe durchgeführt und das Verhalten verschiedener Rohrtypen unter definierten Bedingungen beobachtet und analysiert werden. Daneben gibt es noch kleinere Versuchsstände für Dichtheitsprüfungen, unterschiedliche Druck- und Zugversuche sowie Materialprüfstände für die Untersuchung der Rohrfestigkeiten.

 

Dipl.-Ök. Roland W. Waniek präsentiert die

neu erschienene Broschüre „Qualitätseinflüsse Schlauchliner “

     

Es wurden im Jahre 2003 / 2004 von meinem Haus 14 Aufträge zu Forschungsvorhaben direkt an das IKT vergeben. Darüber hinaus ist das IKT an zahlreichen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben beteiligt, die die Hochschulen oder Gemeinden mit Unterstützung des Umweltministeriums im Bereich der Kanalisation durchführen. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Projekte aus den Mitteln der Abwasserabgabe finanziert werden, übrigens der ersten ökologischen Lenkungsabgabe, deren Erfolg heute an verschiedensten Stellen feststellbar ist. Die jetzt erreichte Gewässergüte wäre ohne die Abwasserabgabe nicht zu erzielen gewesen.

Das Land Nordrhein-Westfalen fördert aber auf der „Baustelle Kanal“ nicht nur Forschungsvorhaben, es greift auch den Gemeinden bei der noch verbleibenden Erschließung bis Ende 2005 und insbesondere bei der Sanierung der Kanalnetze unter die Arme.

     
     

  Die Landesregierung hat frühzeitig erkannt, dass die Gemeinden bei der Unterhaltung der Kanalnetze einer finanziellen Unterstützung bedürfen und fördert seit 1995 die Sanierung von Kanalisationsnetzen. Die Notwendigkeit einer solchen Förderung kann daran gemessen werden, dass von 2000- 2004 allein 819 Kanalsanierungsmaßnahmen mit einem Gesamtvolumen (Zusagevolumen) von insgesamt 311.285.734,24 € (Plafonddarlehen) gefördert wurden.

Gut 100 Gäste besuchten den "Tag der Forschung 2005"

     
Da vielfach in den Kommunen die Mittel nicht ausreichen, um erforderliche Sanierungen in das Abwasserbeseitigungskonzept mit aufzunehmen, bieten wir die Möglichkeit, Mittel kurzfristig über zinsvergünstigte Darlehen bereit zu stellen, damit die notwendigen Baumaßnahmen zum Schutz von Grundwasser, Boden und Kläranlagen zeitnah umgesetzt werden können.

Ich möchte auf ein sehr interessantes Projekt des IKT zur „Umsetzung der Selbstüberwachungsverordnung Kanal (SüwV Kan) bei den kommunalen Netzbetreibern in NRW“ in den Jahren 2002 – 2004 noch näher eingehen.

Über den Zustand der Kanalisation in Nordrhein-Westfalen sind im Rahmen des Projektes Daten erhoben und ausgewertet worden. Ebenso wurde auf der Grundlage der kommunalen Abwasserbeseitigungskonzepte (ABK) ein Einblick in die Investitionsplanung der Netzbetreiber sowie in die Aufteilung der Investitionen für Sanierungs- und Erschließungsmaßnahmen gewonnen.

Folgende Bestandsgrößen konnten dabei ermittelt werden:

  • öffentliches Abwassernetz                   87.591 km

  • Schächte                                         2.500.000 Stück

  • Regenbecken, Entlastungsanlagen        10 Mio. m³

Der Wert der Bestandes an Kanälen, Schächten, Sonderbauwerken und Kläranlagen lässt sich nur überschlägig mit den aktuellen durchschnittlichen Herstellkosten ermitteln. Aber die Kosten der Wiederbeschaffung der öffentlichen Entwässerungsinfrastruktur errechnet sich hiernach für NRW auf rd. 93 Mrd. €.

Im Zusammenhang mit der Studie wurde auch die durchschnittliche Schadensrate der Kanäle mit rd. 14 % ermittelt. Diese Zahlen entsprechen im übrigen auch der Schätzung der DWA (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V., früher Abwassertechnischen Vereinigung), die bundesweit rd. 17 % als Schadensquote an den Kanalisationen erwartet.

     
     
Die Höhe der Kosten zur Sanierung der Kanalisation lässt sich darüber abschätzen, indem die tatsächlich durchgeführten Sanierungen für das Land hochgerechnet und den in den ABK eingeplanten jährlichen Sanierungsinvestitionen – ebenfalls bezogen auf das Land – gegenübergestellt werden. Danach errechnen sich die Gesamtsanierungskosten auf rd. 6 Mrd. €. Der jährliche Finanzierungsbedarf zur Substanzerhaltung errechnen sich dann mit durchschnittlich 1,0 Mrd. € bis 1,13 Mrd. €.

 

 

Kanalisation muß umweltfreundlich und wirtschaftlich sein

     

Dies sind gewaltige Summen, die die Kommunen und Netzbetreiber stemmen müssen.

Dazu kommt die Tatsache, dass die Kommunen bis Ende 2005 nach der Selbstüberwachungsverordnung Kanal das öffentliche Kanalnetz in der Gesamtheit inspiziert haben müssen. Die derzeitig noch andauernde Erfassung und Bewertung wird tendenziell dazu führen, dass noch verstärkt Schäden festgestellt werden dürften, die saniert werden müssen. Die bereits vorhandene Problematik könnte sich also noch zusätzlich verstärken.

Die weitere Beobachtung der Erkenntnisgewinne im Rahmen der Selbstüberwachungsverordnung Kanal (SüwV Kan) und die Auswirkungen auf die kommunalen Abwasserbeseitigungskonzepte (ABK), insbesondere auf die Sanierungsinvestitionen, dürfte in den kommenden Jahren von großem Interesse sein.

Auf der Grundlage der zuvor dargestellten Daten und Zusammenhänge muss insgesamt der Schluss gezogen werden, dass die seitens der Kommunen in den ABK eingeplanten Beträge zur Sanierung der Abwasserkanalisation nach derzeitigen Kenntnissen eine hohe Belastung der Gebührenhaushalte ausmachen. Das hohe Investitionsvolumen ist zur Bewältigung des mittelfristigen Sanierungsbedarfs allerdings erforderlich, um die umweltpolitischen Ziele (z.B. Vermeidung von Fremdwasser, Verbesserung der Gewässergüte, Sicherstellung der Anforderungen aus der Wasserrahmenrichtlinie) erreichen zu können. Die Förderung der Landesregierung bietet hier eine zielgerichtete Steuerung zur Erreichung der Ziele unter gleichzeitiger langfristiger Entlastung des Gebührenhaushaltes.

Auch bei dem zweiten, direkt mit den Kanalnetzen verbundenen Problem haben wir Fortschritte erreicht: Die Hausanschlüsse.

     
     

 

In einer Reihe von Pilotvorhaben sind erste Erfahrungen zur Sanierung der Hausanschlüsse erprobt worden. In weiteren Untersuchungen sollen organisatorische Strukturen und Finanzierungsmodelle erprobt werden.

Trotz massiver Aufwendungen der Gemeinden für die Inspektion und Sanierung der öffentlichen Kanalisation werden in vielen Bereichen hydraulische Überlastungen des Kanalnetzes durch eindringendes Fremdwasser festgestellt.

IKT-Geschäftsführer Roland W. Waniek und Staatssekretärin Christiane Friedrich

   

Dies führt letztendlich zu einer unzureichenden Reinigungsleistung der Abwasseranlagen, die durch einen Ausbau des Netzes auch nicht zu beheben ist. In einem vom MUNLV initiierten Forschungsvorhaben sind Anfang 2005 bis zu 3.300 % Fremdwasserzuflüsse gemessen worden (Anm.: rechn. Ansatz nach Regeln der Technik - 100 %). Neben der Tatsache, dass solche Werte von den Wasserbehörden nicht toleriert werden können, zeigt dies den dringenden Handlungsbedarf.

Vielfach resultieren Fremdwassereinträge durch defekte, undichte Hausanschlüsse und Drainageleitungen. Studien (z.B. IKT) haben im Bereich der Hausanschlüsse Schadensquoten von 50-70 % bei einer Länge der privaten Kanäle von rd. 150.000 bis 180.000 km ermittelt.

Untersuchungen der RWTH Aachen in der Stadt Düsseldorf an rd. 27.000 Hausanschlüssen haben gezeigt, dass rd. 2/3 aller Hausanschlüsse Schäden aufweisen. Lediglich 1/3 der Anschlussleitungen können in der Kategorie „einwandfrei“ und „kaum feststellbarer Schaden“ einsortiert werden. Die private Kanalisation in Düsseldorf hat ein Wiederanlagevermögen von rd. 600 Mio. €. Von der privaten Kanalisation sind damit mittelfristig 66 % zu sanieren.

     
     
Zahlen für das Land NRW ergeben, dass bei 18 Mio. Einwohnern und 3,5 Mio. Wohngebäuden eine Hausanschlusszahl von
rd. 4 Mio. existiert. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei einer gemeinsamen, nachhaltigen Sanierung von öffentlichen und privaten Kanälen in besonders relevanten Gebieten (Trinkwassergewinnung, besondere Fremdwasserproblematik) deutliche Erfolge zur Verminderung des Fremdwassereintrags erzielt werden können.

 

 

"Viele Hausbesitzer sehen sich finanziell nicht in der Lage, entsprechende Sanierungen durchzuführen...."

   

Viele Hausbesitzer sehen sich finanziell nicht in der Lage, entsprechende Sanierungen durchzuführen oder verzögern diese zum Schaden der Umwelt bis zur Handlungsaufforderung durch Behörden. Daher sind die Kommunen hier zu einem gemeinsamen, aktiven Handeln mit den Bürgerinnen und Bürgern aufgefordert, auch wenn dies einen hohen Einsatz erfordert.

Jedem leuchtet ein, dass eine gleichzeitige Sanierung von Kanälen und Hausanschlüssen technisch und finanziell am effizientesten und wohl auch am nachhaltigsten ist. Damit eine koordinierte Sanierung z.B. straßenzugsweise überhaupt möglich wird, bedarf es oft der gezielten Information der Hausbesitzer. Dafür haben wir eigens eine Broschüre herausgegeben. Aber auch die Bauträger müssen direkt angesprochen werden, denn die Planung der Gebäude aber auch Planung umfangreicher Sanierungsmaßnahmen wird von Architekten durchgeführt werden.

     
     

  Es ist deshalb erforderlich, auch für diese eine entsprechende Informationsschrift, die die technischen Grundlagen für die sachgerechte Verlegung und Sanierung von Grund- und Hausanschlusskanälen beinhaltet, zu entwickeln. Das IKT führt in diesem Zusammenhang zu der Sanierung von privaten Anschlusskanälen verschiedene Untersuchung zu Sanierungsverfahren durch. Die Landesregierung wird hier zukünftig weiterhin durch entsprechende Unterstützungen und verstärkte Öffentlichkeitsarbeit einen Beitrag liefern.

"Es bleibt weiterhin noch eine Menge zu tun..."

     

Sie sehen, meine Damen und Herren, NRW nimmt den Gewässerschutz sehr ernst und wir suchen nach Wegen, diesen so effizient wie möglich zu gewährleisten. Dabei ist uns das Institut für Unterirdische Infrastruktur sehr oft eine große Hilfe.

Es bleibt weiterhin noch eine Menge zu tun, um die angesprochenen gewaltige Aufgabe zu bewältigen. In letzter Konsequenz ist dies aber nur durch eine koordinierte Zusammenarbeit der Kommunen, des Landes und der Bürgerinnen und Bürger möglich, insbesondere auch unter dem Aspekt, dass die Kosten soweit wie möglich in Grenzen gehalten werden sollen.

Ich wünsche dem IKT zum heutigen Tag der Forschung 2005 viel Erfolg und den Zuhörern wertvolle Informationen.

 
 

Für weitere Informationen
wenden Sie sich bitte an:

IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur
Exterbruch 1

45886 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-0
Fax: 0209 17806-88
Email: info@ikt.de

Internet: www.ikt.de



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