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10.07.2007


IKT-Newsletter

Kanalreinigung: �Dumping-Preise will eigentlich niemand�

Netzbetreiber und Reinigungsfirmen setzten sich im IKT an einen runden Tisch und diskutierten die Probleme bei der Ausschreibung von Kanalreinigungsarbeiten. Zentrales Thema: Massive Leistungsm�ngel als Folge extremer Dumping-Preise. Wie k�nnen sich Auftraggeber dagegen sch�tzen?

Arbeitshilfe f�r Auftraggeber

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Am runden Tisch diskutierten
Auftraggeber und Dienstleister

Fundierte Ausschreibungen sind Grundlage f�r den Einkauf guter Leistungen. Unter diesem Leitsatz trafen sich acht Fachleute von Netzbetreibern zur Redaktionssitzung Kanalreinigung in Gelsenkirchen. Das Ergebnis der konkreten Textarbeit wird vom IKT als Arbeitshilfe f�r Auftraggeber aufbereitet. Um die Umsetzbarkeit der Ausschreibungsgrunds�tze gleich mit privaten Dienstleistern zu diskutieren, wurden am Nachmittag zwei Experten von Reinigungsfirmen an den runden Tisch gebeten. Die lebhaft und stets konstruktiv gef�hrte Diskussion ist nachfolgend kurz zusammengefasst.

Die Teilnehmer

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Fachdiskussion gepaart
mit konkreter Textarbeit
  • Herr Frericks, Stadt Bad W�nnenberg
  • Herr Kuchem, Kuchem GmbH
  • Herr Meier, Stadt Drensteinfurt
  • Herr Nagel, Stadt Willich
  • Herr Ostmann, Stadt Detmold
  • Herr Schmitz, L�nne Entsorgung GmbH & Co. KG
  • Herr Schoppen, Stadtentw�sserungsbetrieb D�sseldorf
  • Frau Sperling, Gemeinde Rheurdt
  • Herr Vogt, Stadt Bocholt
  • Herr Wiermer, Stadtentw�sserung Arnsberg

Moderation:

  • Herr Puhl, IKT, Gelsenkirchen
  • Herr Schl�ter, IKT, Gelsenkirchen

�Dumping-Preise will eigentlich niemand�

Die Runde ist sich einig. Dumping-Preise sind eines der Kernprobleme im Gesch�ft mit der Kanalreinigung. Unter Sparzwang greifen Netzbetreiber h�ufig zum billigsten Anbieter. Kellerpreise liegen dabei inzwischen deutlich unter 30 Cent pro Meter gereinigten Abwasserkanal � nachweislich oft unabh�ngig von Verschmutzungsgrad oder Kanalnennweite.

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Die Ergebnisse werden festgehalten,
um Ausschreibungsunterlagen
zu erarbeiten

Dienstleister: Diese Dumping-Preise wollen auch wir nicht. Denn Qualit�tsarbeit ist zu diesen Preisen nicht zu leisten. Derzeit ist der Druck auf unsere Mitarbeiter schon enorm � zw�lf Stunden Schichten sind nicht selten, da leidet mitunter auch die Arbeitssicherheit.

Betreiber: Der Punkt Arbeitssicherheit sollte Auftraggebern wichtig sein. Tats�chlich kommt es aber vor, dass man sich kaum zum Einsatzort traut, weil man wegen der Sicherheitsm�ngel die Arbeiten sofort stilllegen m�sste. Dabei ist doch eigentlich klar: die unausk�mmlichen Preise sind von den Firmen fast nur auf der Leistungsseite zu kompensieren.

�Konsequenzen bleiben zu oft aus�

In der Praxis hei�t das: Mehr Abrechnen als Leisten oder schnell Durchsp�len anstatt wirklich zu Reinigen. Um Kosten zu sparen, wird gering qualifiziertes Personal eingesetzt und auch das �lteste Fahrzeug an den Schacht gestellt. Und was sind die Folgen?

Es gibt kaum welche, beantwortet jemand die Frage aus der Gruppe der Betreiber: Es fehlen doch wirksame Leistungskontrollen und oft auch das Personal, um diese Dinge im Einzelfall aufzudecken und dann auch Konsequenzen durchzusetzen. Hinzu kommt, das Netzbetreiber sich manchmal allein um eine saubere Aktenlage k�mmern � d.h. den Reinigungsauftrag an das niedrigste Gebot rausgeben und das war's. Die Dokumentation von Betriebserfahrungen � zentrale Grundlage bedarfsorientierter Handlungsweisen � findet unter diesen Rahmenbedingungen nicht statt.

Dienstleister: Es fehlen tats�chlich Konsequenzen. Das ist sicherlich auch der Grund, warum sich die Schwarzen Schafe am Markt so lange halten. Die Umsetzung von Eigenkontrollverordnungen in den Kanalbetrieben hat die Nachfrage nach Kanalreinigungsleistungen insbesondere in NRW im letzten Jahrzehnt stark ansteigen lassen. Jetzt ist der Zenit jedoch erst mal �berschritten. Die erste Grundreinigung ist vielerorts erfolgt. Verl�ngerte �berwachungsfristen und neue bedarfsorientierte Betriebsstrategien lassen die Nachfrage sinken. Die Reinigungsfirmen haben aber die kostspieligen Fahrzeuge auf dem Hof stehen - und einige tun wirklich alles, um sie auszulasten.

�1 Euro der Meter Kanalreinigung - theoretisch�

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Dienstleister und Betreiber
schnitten schwere Knoten an

Grunds�tzlich herrscht in der Runde sehr viel �bereinstimmung in der Analyse der Situation. Unterschiedliche Vorstellungen gibt es aber in der Frage welche Preise denn nun eigentlich �ausk�mmlich� sind.

Dienstleister: Die Meterpreise in der Unterhaltungsreinigung h�ngen nat�rlich davon ab, wie verschmutzt das Netz ist, um welche Nennweiten es geht und inwieweit die Rahmenbedingungen es zulassen, hohe Tagesleistungen zu erzielen, beispielsweise auch durch Einsatz von Wasserr�ckgewinnern. So sind in 10-12 Stunden maximale Tagesleistungen von 2.000 Meter erreichbar mit Preisen von ca. 50 Cent pro Meter. Letztlich kommt man so auf die Summe, die t�glich reinkommen muss: ein hochwertiges Reinigungsfahrzeug mit zwei qualifizierten Mitarbeitern sollte im Schnitt 1.000 Euro am Tag einspielen.

Betreiber: Die 1.000 Euro pro Tag sind schon realistisch. Das zeigt ja auch eine Auflistung des IKT zu den Investitions- und Betriebskosten f�r ein Reinigungsfahrzeug. Eine Tagesleistung von 2.000 Metern ist dagegen deutlich zu hoch angesetzt und das liegt nicht allein am 8 h Tag, der im kommunalen Bereich eher die Regel ist. Im Erfahrungsaustausch mit Betreibern, die die Kanalreinigung mit eigenem Fuhrpark leisten, liegt der Jahresdurchschnitt f�r ein Reinigungsfahrzeug bei ca. 700 Meter pro Tag. Auf den privaten Markt �bertragen l�gen die Durchschnittswerte damit vielleicht bei ca. 1.000 Meter pro Tag. Immer vorausgesetzt: eine vern�nftige Reinigung, bei der das R�umgut auch aus dem Kanal rausgebracht und nicht nur aufgeschoben wird. Theoretisch betrachtet liegt man damit bei 1 Euro pro Meter f�r einen wirklich gereinigten Kanal.

�Vertrauen ist gut, Kontrollen geh�ren dazu�

Welche Mittel bleiben Auftraggebern nun also, um Qualit�t bei der Kanalreinigung einzukaufen. Im Kreis der Betreiber gibt es Erfahrungen mit verschiedenen Strategien. Einige setzen auf intensive Vertrauensbildung durch langfristige Vertr�ge, sogenannte Hausmeister-Vertr�ge mit Laufzeiten bis zu f�nf Jahren. Ein Teilnehmer sammelte Erfahrungen mit beschr�nkten Ausschreibungen und Teilnahmewettbewerben - allerdings ohne Dumping-Anbieter damit verhindern zu k�nnen. Andere lassen sich die Kalkulationsgrundlagen vorweisen, um �berzogene Ans�tze f�r Tagesleistungen fr�hzeitig ausschlie�en zu k�nnen. Bei einem Betrieb in der Runde wird die Reinigung komplett im Stundenlohn ausgeschrieben, um die leidige Qualit�tsdiskussion zu umgehen. Die nahe liegende Erwartung, dass dann gebummelt wird, hat sich dort nicht best�tigt - die gestellten Leistungsvorgaben wurden erf�llt.

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Thematisiert wurden
die Erwartungen beider
Diskussionspartner

Dienstleister: Wir haben aktuell einen Kunden, dort reinigen wir zun�chst gar nicht, sondern f�hren erst mal nur Schachtinspektionen durch und erheben dabei das Ablagerungsaufkommen. Bedarfsorientierte Kanalreinigung ist im Trend und hier gewinnt der Schacht als Informationsquelle an Bedeutung. So fordert ein Netzbetreiber von uns die Dokumentation unserer Reinigungsarbeit �ber mobile Datenerfassungsger�te mit Leseger�ten f�r seine mit Barcodes ausgestatteten Sch�chte. Unsere Kosten f�r die Handheld-Ger�te waren nicht unerheblich. Dabei ist wichtig auch auf gen�gend Speicherkapazit�t und Outdoor-Robustheit zu achten. Derartige Reinigungsauftr�ge sind sicherlich vorsichtig zu kalkulieren. Der Aufwand f�r Dokumentationen ist zu ber�cksichtigen. Manchmal ist das Einlesen der Schachtnummer m�hsam, z.B. wenn die Barcodes verschmutzt sind oder sehr tief im Schachthals angebracht sind. Am Ende wird nur verg�tet, was digital auch erfasst ist.

Netzbetreiber: Das Thema R�umgutentsorgung geh�rt sicherlich auch dazu, wenn man �ber wirksame Kontrollen spricht. Als Abfallerzeuger ist der Auftraggeber weitreichend in der Verantwortung und sollte allein deshalb die Entsorgung oder besser gesagt Verwertung des R�umguts als besondere Leistung in eine Leistungsposition fassen. Viele Netzbetreiber lassen das R�umgut inzwischen auch in einen eigenen Entw�sserungscontainer verbringen und sorgen f�r alles Weitere selbst, z.B. f�r eine Dokumentation des R�umgutaufkommens und eine stichprobenhafte Beprobung der stofflichen Zusammensetzung. So w�chst Betriebswissen �ber Kanalablagerungen. Rechtssicherheit ist selbst steuerbar � und bei guter Entw�sserung sinken obendrein die Entsorgungskosten.

Das IKT-Moderatorenteam, Ren� Puhl und Marco Schl�ter, bedanken sich bei den Teilnehmern f�r die fachliche und stets konstruktive Diskussion.

Planungsgrunds�tze Kanalreinigung

Die Zusammenfassung der konkreten Textarbeit wird vom IKT als Arbeitshilfe f�r Auftraggeber zur Ausschreibung von Kanalreinigung aufbereitet und mit den Diskussionsteilnehmern in den n�chsten Wochen erneut abgestimmt. Das dann vorliegende Ergebnis zu den Planungsgrunds�tzen in der Kanalreinigung wird Ende des Jahres im Rahmen des Forschungsprojektes �Bedarfsorientierte Kanalreinigung� unter s�mtlichen Workshop-Teilnehmern ver�ffentlicht, um ein Feedback auf breiter Basis zu erhalten.

Nachgefragt

Sollten Sie Fragen zur Ausschreibung von Kanalreinigungsleistungen haben, k�nnen Sie sich bereits jetzt an das IKT wenden. Die IKT-Experten der Kanalreinigung stehen f�r Sie zur Verf�gung und beantworten gerne Ihre Fragen. Auf Wunsch sind auch konkrete Unterst�tzungen m�glich.



Anspechpartner IKT
Dipl.-Ing. Marco Schl�ter
IKT � Institut f�r Unterirdische Infrastruktur gGmbH
Exterbruch 1
45886 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-31
Fax: 0209 17806-88
E-Mail: info@ikt.de
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