Der nachfolgende Teil 1 der neuen IKT eNewsletter Reihe ist mit gleichem Text auch in der IFAT-Ausgabe der 3R (4/2005) erschienen: 

 
 

Kanalreinigung – Düsen, Drücke, Hochdruckstrahlen

Ergebnisse aus einem IKT-Forschungsprojekt

Ansprechpartner:

Dipl.-Ing. Marco Schlüter
IKT-Institut für Unterirdische Infrastruktur, Gelsenkirchen
Tel. 0209-17806-31
E-mail: schlueter@ikt.de

 
 

 
 

Zusammenfassung

Das IKT-Institut für Unterirdische Infrastruktur in Gelsenkirchen hat umfangreiche Untersuchungen zur Kanalreinigung abgeschlossen [1]. Über drei Jahre wurde der gesamte Prozess Kanalreinigung sowohl in Kanalnetzen von Kommunen als auch in Teststrecken intensiv untersucht. Praxisorientiert stand dabei die Hochdruckreinigung mit ihren Betriebsparametern und Düsenwerkzeugen im Vordergrund. Ziel des Vorhabens war es, Empfehlungen für die technische und wirtschaftliche Optimierung des Kanalreinigungsprozesses mit dem Hochdruckspülverfahren zu erarbeiten. Im Vordergrund stand dabei sowohl der optimale Einsatz der verwendeten Geräte als auch die Durchführung des Verfahrens an sich mit Blick auf die wesentlichen verfahrenstechnischen Parameter. Ein besonderes Augenmerk galt der Auswahl geeigneter Düsen für die jeweilige Reinigungsaufgabe sowie der Sicherung der bestehenden Netzsubstanz durch Vermeidung übermäßiger Belastungen aus Hochdruckstrahlen oder Düsenkörper- und Schlauchbewegung.

 

Einleitung

Die Reinigung der Abwasserkanäle gehört zu den Kernaufgaben der kommunalen Netzbetreiber. Sie sichert den Entwässerungskomfort der Bürger, z.B. durch Beseitigung von Geruchsbelästigungen und Verstopfungen, trägt aber auch wesentlich zum Werterhalt der Netze bei, z.B. durch Verringerung von Korrosionserscheinungen. Darüber hinaus wird beispielsweise in Nordrhein-Westfalen in der Selbstüberwachungsverordnung Kanal (SüwV Kan) [2] gefordert, dass die Ablagerungssituation auf Grundlage eines Einsatz- oder Spülplanes oder, bei Nichtvorliegen eines solchen Planes, alle zwei Jahre überprüft werden muss. Werden bei dieser Überprüfung Ablagerungen festgestellt, sind die im Runderlass [3] des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft beschriebenen Maßnahmen durchzuführen. So ist bei Ablagerungshöhen von mehr als 15 Prozent der Profilhöhe (geschätzt) nach Reinigungsplan zu reinigen. Künftig ist mit einer wachsenden Bedeutung der Kanalreinigung zu rechnen, da bei gleichen Rohrdurchmessern deutlich weniger Abwasser abgeleitet wird und damit eine stärkere Bildung von Kanalablagerungen zu erwarten ist. Ursachen sind beispielsweise Trinkwassereinsparung, Regenwasserrückhalt, und ein verringertes Fremdwasseraufkommen.

Gleichzeitig gibt es jedoch kaum dokumentiertes Wissen über Möglichkeiten zur effizienten, wirkungsvollen und den Rohrwerkstoff schonenden Kanalreinigung. Die Reinigungsarbeit findet weitestgehend im Kanaldunkeln statt. Auch aus Kostengründen wird meist auf eine Kontrolle des Reinigungserfolges gänzlich verzichtet. Entsprechend hängt auch die Auswahl wichtiger Reinigungsparameter wie Düsen, Düseneinsätze, Pumpendruck und Durchzugsgeschwindigkeit in der Regel allein von den Erfahrungen und subjektiven Einschätzungen der Verantwortlichen vor Ort ab. Belastbare Aussagen als Grundlage für eine weitergehende Optimierung der Reinigungsprozesse und -strategien fehlen.

 

Praxisorientierte Vorgehensweise

Vor diesem Hintergrund war das Ziel des jetzt abgeschlossenen IKT-Vorhabens [1], Empfehlungen für die technische und wirtschaftliche Optimierung des Kanalreinigungsprozesses mit dem Hochdruckspülverfahren zu erarbeiten. Im Vordergrund stand dabei sowohl der optimale Einsatz der verwendeten Geräte als auch die Durchführung des Verfahrens an sich mit Blick auf die wesentlichen verfahrenstechnischen Parameter. Ein besonderes Augenmerk galt der Auswahl geeigneter Düsen für die jeweilige Reinigungsaufgabe sowie der Sicherung der bestehenden Netzsubstanz durch Vermeidung übermäßiger Belastungen aus Hochdruckstrahlen oder Düsenkörper- oder Schlauchbewegung.

Um das angestrebte Ziel zu erreichen, wurde eine stark praxisorientierte Vorgehensweise gewählt (vgl. Bild 1 und Tabelle 1).

 
 

Bild 1: IKT-Forschungsvorhaben „Kanalreinigung mit dem HD-Verfahren“

 
 

Handbuch bündelt Praxiswissen

Zunächst wurden Reinigungseinsätze in den Kanalnetzen der beteiligten Netzbetreiber vor Ort begleitet. Im Vordergrund stand dabei insbesondere die Aufnahme von betrieblichen Einflussfaktoren, die in Laborversuchen nur schwer nachzubilden sind, wie Mitarbeiter- und Fahrzeugeinsatz, Reinigungsabläufe und die spezifische Ablagerungs- und Reinigungssituation, wie sie oft erst nach mehrmonatiger Betriebsdauer durch komplexe mechanische und biologische Prozesse entsteht. Die Praxisbeobachtungen bildeten die Basis, d.h. das Anforderungsprofil, für die weiteren labortechnischen Untersuchungen unter reproduzierbaren Randbedingungen. Darüber hinaus bildet die Praxisrecherche die Grundlage für das im Herbst erscheinende „IKT-Handbuch Kanalreinigung“ [4]. Hier wurden sämtliche Empfehlungen anwendungsorientiert zusammengefasst. Das Handbuch richtet sich an den Praktiker im Kanalbetrieb und den für den Reinigungsbetrieb verantwortlichen Ingenieur oder Techniker.

 

Effizient und schonend reinigen

Die labortechnischen Versuche setzten sich aus Untersuchungen zur Düsenwirkung und zu den aus HD-Reinigung resultierenden Netzbelastungen zusammen. Dabei wurden zahlreiche der am Markt verfügbaren Düsen und Düseneinsätze hinsichtlich ihrer Hochdruckwasserstrahl-Eigenschaften und Leistungsfähigkeit untersucht, um praxisorientierte Empfehlungen zur Düsenauswahl abzuleiten. Die Aggressivität der Hochdruckstrahlen und ihr tatsächlicher Einfluss auf das Lösen von Ablagerungen wurden ermittelt und die Transport- oder Räumleistung der Düsen in Versuchen mit unterschiedlichen Druck- und Durchflussszenarien untersucht. Im Rahmen der Untersuchungen zur Netzbelastung aus HD-Reinigung wurden Grundbelastungsarten identifiziert und Prüfaufbauten zur Simulation dieser Belastungen ausgewählt und entwickelt. Unter Einsatz zahlreicher der heute am Markt vertriebenen Rohrprodukte wurde die Wirkung typischer Belastungen aus HD-Reinigung beobachtet. Kritische Belastungssituationen mit Schadensrisiken konnten so erkannt und Empfehlungen für eine schonende HD-Reinigung abgeleitet werden.

 

Überblick zu den Untersuchungen

Tabelle 1 gibt einen detaillierten Überblick über Aufgabenstellung und Umfang der einzelnen Arbeitsschritte.

 
 

Tabelle 1: Untersuchungsprogramm

Teil 1 Praxiserfahrungen

In 6 Kanalnetzen wurden Ablagerungsproben aus 64 Haltungen entnommen und folgende Parameter bestimmt:

  • Sieblinie, Kornfraktionen,

  • Trockensubstanz (TS),

  • Glühverlust (oTS),

  • Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB).

Darüber hinaus wurde die Entwicklung der Ablagerungssituation durch Schachtinspektionen und Haltungsspiegelungen bzw. Inaugenscheinnahme mittels einer Schachtkamera an 2.280 Haltungen über 2 Jahre beobachtet.

Bei 11 Netzbetreibern wurden über 100 Reinigungseinsätze begleitet. Dabei wurden zahlreiche Düsenprodukte in Kanälen der Nennweiten DN 250, DN 300, DN 400, DN 500, DN 600, DN 700, DN 800 und DN 1000 eingesetzt und durch TV-Inspektion beobachtet.

An elf HD-Fahrzeugen wurden die Reinigungsparameter Druck und Durchfluss unmittelbar an der Düse mit einem digitalen Druckmanometer bzw. einem magnetisch induktivem Durchflussmessgerät (MID) gemessen.

Darüber hinaus wurde das Betriebspersonal bzw. die beteiligten Dienstleister hinsichtlich der üblichen und speziellen Reinigungsmethoden sowie der Praxisprobleme und der derzeit umgesetzten Lösungsansätze befragt.

Teil 2 Düsenwirkung       

Im Rahmen von labortechnischen Untersuchungen wurde die Düsenwirkung unter folgenden Gesichtspunkten untersucht:

  • Bewegungsverhalten des Düsenkörpers:
    Im Rahmen der Versuche wurde das Bewegungsverhalten von 6 Düsenprodukten, u.a. bei extremer Düsenbeschleunigung, betrachtet.

  • Lösewirkung bzw. Aggressivität von HD-Strahlen:
    Ermittlung von HD-Strahleigenschaften und Messung der Strahldruckverteilung am Auftreffort mittels Druckmessfolien sowie Abbildung der Lösewirkung im Material von Modellablagerungen.

  • Transportleistung verschiedener Düsensysteme:
    Untersuchung der Transportleistung von 10 Düsenprodukten in oberirdisch aufgebauten Versuchsstrecken der Nennweite DN 300 und DN 800. Die Versuchsstrecken wurden dazu über 600 mal mit Modellsedimenten befüllt und anschließend gereinigt.

Teil 3 Belastung durch HD-Reinigung  

Anwendung von 5 Prüfmethoden an neuen Rohrleitungen mit bis zu 12 marktüblichen Rohrprodukten im Hinblick auf

  • das Erkennen von Rohrveränderungen unter üblichen Belastungsbedingungen,

  • die Bewertung der Prüfmethoden hinsichtlich ihrer Aussagekraft für die Praxis und

  • die Erarbeitung von Empfehlungen zur schonenden Reinigung der Netzsubstanz.

 
 

Teil 1 (von 3):  Praxiserfahrungen

Zur Erfassung der wesentlichen Randbedingungen des Reinigungsprozesses und als Basis für die Auslegung der praxisorientierten Versuche in den IKT-Prüfstrecken wurden Reinigungseinsätze in den Kanalnetzen der beteiligten Netzbetreiber vor Ort begleitet und die Ablagerungseigenschaften auf Grundlage von umfassenden Probenentnahmen untersucht.

Kanalablagerungen

Die örtlichen Netzbedingungen haben einen wesentlichen Einfluss auf Menge und Zusammensetzung von Kanalablagerungen. Zunächst gelangen mineralische und organische Abwasserinhaltsstoffe über verschiedene Einleitungsstellen in das Kanalnetz. Sie stammen aus Straßenabläufen, Abwasserschächten, Grundstücksentwässerungen (Dach-/Hofflächen), gewerblichem, häuslichem und industriellem Abwasser, aber auch aus Einspülungen über Undichtigkeiten des Kanalsystems. Die örtlichen Bauwerksgegebenheiten, wie z.B. Nennweite, Querschnittsprofil, Gefälle, Kanalzustand, Entwässerungssystem und Auslastungsgrad, können dann das Sedimentations- bzw. Haftverhalten dieser Stoffe erheblich beeinflussen. So bereiten in Trennsystemen häufig die Anfangshaltungen, in Mischsystemen dagegen eher die großen Hauptsammler einen besonderen Reinigungsaufwand.

Typische Ablagerungssituationen

Im Rahmen des Vorhabens wurden typische Ablagerungssituationen und Abflusshindernisse dargestellt, mögliche Ablagerungseigenschaften bestimmt und das Ablagerungsaufkommen beispielhaft in den Netzen von zwei Kanalnetzbetreibern ermittelt. Im einzelnen lassen sich folgende Ablagerungssituationen unterscheiden (vgl. Bild 2):

  • Lockere Ablagerungen: Nicht bindige, gleichkörnige Ablagerungen, die ausschließlich aus mineralischen Bestandteilen bestehen, lassen sich i. d. R. leicht lösen und aus dem Netz entfernen. Auch rein organische Ablagerungen sind leicht lösbar, da ihnen die Stabilität aus den mineralischen Kornfraktionen fehlt.

  • Sielhaut: Zur Vorbereitung einer Kamerainspektion zur Kanalzustandserfassung wird der Kanal gereinigt und dabei grundsätzlich auch die Sielhaut entfernt. In der Regel stellt dies keinen besonderen Aufwand dar, allerdings kann bei großen Dimensionen die vergleichsweise geringe Aufprallenergie des Spülstrahls und unzureichende Spülstrahlbreite einer zuverlässigen Entfernung der Sielhaut entgegenstehen.

  • Schwer lösbare Ablagerungen und Hindernisse: Ablagerungen können Verfestigungsprozessen im Kanalnetz unterliegen oder bereits als feste Massen in das Netz eingetragen werden. Verfestigungen sind meist aus mineralischem und organischem Material aufgebaut. Das organische Material stabilisiert das Gemisch und verleiht ihm kohäsive Eigenschaften; der mineralische Anteil verleiht der Ablagerung Festigkeit. Abwasserinhaltstoffe, die auf der Rohrwandung stark anhaften, können auf Dauer zu sogenannten Inkrustationen führen. Wurzeln dagegen dringen durch Muffen, undichte Hausanschluss-Stutzen oder schadhafte Rohrabschnitte in die Kanalisation ein und können, ebenso wie einragende Bauteile und Hindernisse, die im Abwasser enthaltenen Feststoffe auffangen und schließlich zu Verstopfungen führen. In ständig oder zeitweise vollgefüllten Leitungen, wie Dükern oder großen Stauraumkanälen, können sich verstärkt Ablagerungen im Scheitelbereich bilden, wie Verzopfungen und Fettablagerungen.

 
 
 
 a) Mineralische Ablagerungen   b) Verzopfungen
     
 
c) Wurzeln   d) Inkrustationen
     
 
e) Hindernis im Anschluss   f) Sielhaut

Bild 2: Ablagerungen, Hindernisse und Wurzeleinwuchs im Kanalnetz, Beispiele

 
 

Eigenschaften von Ablagerungen

Um die Zusammensetzung von Ablagerungen näher zu beschreiben und auch praxisnahe Modellsedimente für die labortechnischen Versuche auswählen zu können, wurden in den Kanalnetzen der Städte Bochum, Gelsenkirchen, Hagen, Holzwickede, Recklinghausen und München Ablagerungsproben aus insgesamt 64 Haltungen entnommen und unmittelbar nach der Entnahme hinsichtlich der Parameter Trockensubstanz (TS), Glühverlust (oTS), gesamter Chemischer Sauerstoffbedarf (CSBtot) und gelöster Chemischer Sauerstoffbedarf (CSBdiss) untersucht. Darüber hinaus wurden im Bodenlabor des IKT die physikalischen Parameter Dichte, mittlerer Korndurchmesser und die Sieblinie ermittelt und mit Literaturangaben verglichen.

Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die Anteile von organischem und mineralischem Material insbesondere in Mischwasserkanälen sehr unterschiedlich ausfallen und auch jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen können. So wurden in vier Haltungen der Stadt München über das gesamte Jahr verteilt mehrfach Proben entnommen. In den Wintermonaten wurde ein erhöhter Eintrag von mineralischem Material, sehr wahrscheinlich Winterstreusplitt, festgestellt. Darüber hinaus verändern sich einige Eigenschaften der Ablagerungen, wie bspw. die Kohäsion und Lagerungsdichte, mit zunehmendem Alter. Im Einzelfall kann dies möglicherweise zu einer starken Verfestigung führen.

Um den Einfluss von Netzbedingungen, Ablagerungsgraden, Düsenauswahl und Reinigungsparametern auf die Wirkung von HD-Düsen in den labortechnischen Versuchen vergleichend betrachten zu können, war die Herstellung von reproduzierbaren Ablagerungssituationen notwendig. Zur Nachbildung leicht lösbarer Ablagerungen wurde ein Kies-/Sandgemisch 0-16 mm gewählt (vgl. Bild 3, rote Linie), das als repräsentativ für die vor Ort ermittelten Sieblinien angesehen werden kann.

 
 

Bild 3: Sieblinie der Modellsedimente (rot), übrige Sieblinien von Ablagerungsproben aus drei Kanalnetzen

 
 

Ablagerungsbildung und -mengen

Zur Einschätzung der Ablagerungsbildung und -mengen sowie des Einflusses der Reinigungshäufigkeit wurden weitergehende Untersuchungen in den Kanalnetzen durchgeführt. So wurde im Kanalnetz der Gemeinde Holzwickede (Gesamtlänge rund 92 km) die Entwicklung der Ablagerungssituation an 2.280 Haltungen (entspricht der Gesamtnetzlänge) über zwei Jahre beobachtet. Ausgangspunkt war die Aufnahme der Ablagerungssituation im Schachtgerinne im Rahmen der nach ATV A 147, Teil 1 [5] geforderten zweijährlichen Schachtinspektion. Darüber hinaus wurden auch die oberhalb und unterhalb angeschlossenen Haltungen eingesehen - zunächst mit Hilfe der klassischen Methode des Spiegelns oder im zweiten Untersuchungsjahr auch durch eine speziell für diesen Einsatz entwickelte Schacht-Videokamera (vgl. Bild 4).

 
 

 

 
 

Bild 4: Ablagerungsbewertung: Im Schacht (oben); in den angeschlossenen Zu- und Ablaufhaltungen durch Einsatz einer Zoom-Schachtkamera (unten)

 
 
In Holzwickede wurden die Ergebnisse der Schachtinspektion und Spiegelung optisch eingeschätzt, und die Verschmutzungssituationen anhand von Bildbeispielen aus der Schachtinspektion in drei Verschmutzungsklassen katalogisiert (vgl. Bild 5 bis Bild 7). Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass in den betrachteten Untersuchungsgebieten zum Zeitpunkt der eigentlich turnusmäßig geplanten Kanalreinigung der überwiegende Teil der Haltungen als nur gering verschmutzt und somit ohne Reinigungsbedarf bewertet wurde.
 
 
Verschmutzung
Gering Mittel Stark

Bild 5: Sichtungsergebnis:
Strömung laminar
Konsistenz feinkörnig

Bild 6: Sichtungsergebnis:
Strömung unruhig
Konsistenz sämig/lose

Bild 7: Sichtungsergebnis:
Strömung stehend
Konsistenz z.T. tonartig

 
 

Die Literaturangabe [6], dass „im Allgemeinen Ablagerungen in Kanälen nicht als kontinuierliche Fläche sondern als Dünen auftreten, die Längen zwischen zwei und fünf Metern besitzen“, konnte im Rahmen der Untersuchungen bestätigt werden. Große Ablagerungsmengen und hartnäckige Inkrustationen traten hier nur in Ausnahmefällen und fast immer aufgrund von Besonderheiten der örtlichen Netzsituation auf, zum Beispiel durch seitlich steil angeschlossene Zuläufe, die den Abfluss im Hauptkanal einschränken.

 
 

Reinigungsablauf vor Ort

Der Reinigungsablauf vor Ort am Arbeitsschacht gliederte sich im Rahmen der begleiteten Reinigungseinsätze bei elf Netzbetreibern in der Regel in die Arbeitsschritte „Herablassen der HD-Düse in den Schacht“, „Einschwenken in den Zulauf“, „Einspülen“, „Rückzug von Schlauch und HD-Düse“ und „Absaugen des Spülwassers“. Grundsätzlich wurden die eingesetzten Geräte, wie HD-Fahrzeug, HD-Pumpe, HD-Schlauch und weitere Reinigungswerkzeuge durch das Betriebspersonal in Abhängigkeit der jeweiligen Reinigungssituation, dass heißt Bauwerks-, Netz- und Ablagerungsbedingungen, ausgewählt.

 
 
 
 
 
 
 
Bild 8:   Begleitung von Reinigungseinsätzen

A) Praxiseinsatz im Kanalnetz

B) Düsenbeobachtung mittels TV-Inspektion

C) Dokumentation der Fahrzeugdaten

D) Düse im Arbeitseinsatz, Streifenbildung

E) Druckmessung unmittelbar vor der Düse

 
 

FAZIT

Insgesamt zeigten die Praxiserfahrungen, dass vor einem Reinigungseinsatz häufig nicht bekannt ist, ob überhaupt Ablagerungen im Kanal zu erwarten sind und welche Beschaffenheit diese haben könnten. Insbesondere wenn die Kanalreinigung an private Dienstleister vergeben wird, fließen kaum Betriebsinformationen über das Ablagerungsaufkommen an den auftraggebenden Kanalbetrieb zurück. In der Folge fehlen die notwendigen Planungsgrundlagen zur Spülplanerstellung, so dass auch die Möglichkeiten zur eigenverantwortlichen Selbstüberwachung und Reinigungsplanung nach SüwV Kan bzw. Runderlass nicht optimal genutzt werden können. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, die Bewertung der Ablagerungssituation vor und während der Reinigung in das Reinigungsprotokoll mit aufzunehmen. Weitergehende Informationen zur Ablagerungssituation können darüber hinaus im Rahmen der nach ATV 147, Teil 1 alle zwei Jahre durchzuführenden Schachtinspektionen gewonnen werden, indem im gleichen Arbeitsgang die Ablagerungssituation im Schachtgerinne bewertet wird. Mit Blick auf die eingesetzte Gerätetechnik wurde deutlich, dass einige Netzbetreiber über leistungsstarke HD-Pumpensysteme verfügen und diese in Einzelfällen auch mit Düsendrücken über 120 bar und Förderströmen von mehr als 320 l/min betreiben.

Neben den dargestellten Praxiserfahrungen sind insbesondere die Untersuchungsergebnisse zur Düsenwirkung und Rohrbelastung interessant (Teil 2 und 3 des Forschungsprojektes, vgl. Tabelle 1). Hierüber wird im Rahmen des Vortrags berichtet. Darüber hinaus stehen die IKT-Forschungsergebnisse unter www.ikt.de zum kostenfreien Download zur Verfügung.

 
 

Literaturverzeichnis

[1]     Bosseler, B., Schlüter, M.: Kanalreinigung – Düsen, Drücke, Hochdruckstrahlen – Endbericht des IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW (Veröffentlichung Juni 2005).

[2]     Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 10 vom 10. Februar 1995, „Verordnung zur Selbstüberwachung von Kanalisationen und Einleitungen von Abwasser aus Kanalisationen im Mischsystem und im Trennsystem (Selbstüberwachungsverordnung Kanal – SüwVKan)“, vom 16. Januar 1995, S. 64-67.

[3]     Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 14 vom 10. Februar 1995, „Anforderungen an den Betrieb und die Unterhaltung von Kanalisationsnetzen“, RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft v. 3.1.1995 – lV B 6 – 031 002 0201, S. 250-253.

[4]     IKT-Institut für Unterirdische Infrastruktur: Handbuch Kanalreinigung (Entwurf Dezember 2004).

[5]     ATV-Arbeitsblatt A 147 Teil 1: Betriebsaufwand für die Kanalisation, Teil 1 – Betriebsaufgaben und Intervalle (Mai 1993).

[6]     Macke, E.: Ablagerungs- und Ausspülverhalten in Kanalisationen, ATV-Fortbildungskurs F/1 Abwasserableitung, Fulda, S. 11.1-11.25 (1987).

 
 

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