3.3.3.1 Planung und Vorbereitung
     
   

Vor Beginn der Sanierungsarbeiten ist der Ist-Zustand (Umgebungs- und Nutzungsbedingungen, Bauwerks- und Baustoffeigenschaften) des zu sanierenden Schachtes durch entsprechende Untersuchungen bzw. Prüfungen festzustellen.

Aufzunehmen sind dabei z.B. (nach [38], [50])

  • mechanische Einwirkungen (wie z.B. Verkehrsbelastung),

  • physikalische und chemische Einwirkungen (z.B. aus Temperatur, Feuchte, Frost, Tausalzen, biogener Schwefelsäure etc.),

  • Abmessungen und Zugänglichkeit,

  • optischer Eindruck (z.B. Abplatzungen, Risse, Rostfahnen, Ausblühungen, Verschmutzungen, fehlende Teile etc.),

  • Druckfestigkeit des Untergrundes sowie

  • Oberflächenzugfestigkeit des Untergrundes.

Darüber hinaus empfiehlt es sich, im Rahmen der Sanierungsvorbereitung die

  • Einwirkungen aus Betrieb (z.B. Reinigung, Wartung),

  • Notwendigkeit / Einsetzbarkeit einer Wasserhaltung,

  • Aushärtebedingungen und den

  • Zeitpunkt der erneuten Belastung des Schachtes nach Sanierung zu dokumentieren.

Bei allen Beschichtungsarbeiten kommt dem Untergrund und seiner Beschaffenheit eine wesentliche Bedeutung zu. Er muss z.B. Spannungen aus dem Schwinden der Beschichtungsstoffe und nach deren Aushärtung auch Eigenspannungen im Beschichtungssystem aus Temperatur- und Feuchteänderungen sowie die auf die Beschichtung einwirkenden äußeren Kräfte aufnehmen können.

In der Regel ist jeder Untergrund so vorzubereiten, dass zwischen ihm und der aufzubringenden Beschichtung ein fester und dauerhafter Verbund erzielt wird. Der Beschichtungswerkstoff muss die Oberfläche gut benetzen, fest auf ihr haften und sich mit ihr „verzahnen“ können. Insbesondere Schachtinnenflächen mit ihren spezifischen Verschmutzungen aus dem Abwasser sollten daher vor jeder Art von Beschichtung vorbereitet werden, um einen tragfähigen Untergrund sicherzustellen. Nach [50] muss ein Untergrund für eine Beschichtung

  • frei sein von losen und mürben Teilen (z.B. auch von minderfesten Risskanten) und von sich leicht ablösenden arteigenen Schichten (z.B. Zementhaut) und darf nicht abmehlen oder absanden,

  • frei sein von Graten (in zu begründenden Fällen können sie belassen werden),

  • eine dem zu verwendenden Beschichtungsstoff angepasste Rauheit aufweisen,

  • frei sein von artfremden Stoffen (wie Trennmittel, ungeeigneten Altbeschichtungen, Ausblühungen, Öl, Bewuchs u.ä.).

Vor einer Schachtbeschichtung wird die Schachtwandung in der Regel mit Hochdruckwasserstrahlen gereinigt. Hierbei werden von den meisten Firmen herkömmliche Hochdruckreiniger mit Handlanzen eingesetzt (vgl. Abb. 35). Bei der Mörtelbeschichtung im Anschleuderverfahren kommen auch rotierende Schachtreinigungsdüsen, ein Spezialverfahren zur Reinigung von Schachtinnenwänden, zum Einsatz (vgl. Abb. 36). Bei diesem Verfahren wird ein horizontal rotierender Düsenarm, an dessen Enden zwei Düsen angebracht sind, mit einer Winde durch den Schacht geführt. Es kann ein Arbeitsdruck von 300 bar erreicht werden. Der Düsenarm ist von 500 bis 1.100 mm stufenlos verstellbar, so dass der Düsenabstand von der Schachtwandung für verschiedene Schachtdurchmesser individuell eingestellt werden kann [52].

     
   

     
   

Abb. 35: Wasserhochdruckreinigung mit Handlanze

Abb. 36: Wasserhochdruckreinigung mittels
rotierender Schachtreinigungsdüse [52]

     
   

Ein besonderes Augenmerk gilt möglichen Fettablagerungen, die sich in der Regel nur sehr schwer entfernen lassen. Korrodierte Fugen, fehlende Klinker und andere Hohlstellen sind sachgerecht auszuarbeiten und auszufüllen.

Undichte Stellen mit ständigem Wasserzutritt müssen im Vorfeld mit geeigneten Materialien bzw. Verfahren geschlossen werden [55].
In Tabelle 6 sind für einige Mörtel- und Polyurethanprodukte Herstellerangaben über notwendige Untergrundvorbereitungsmaßnahmen vor Auftrag der Beschichtung aufgelistet

     
   

Tabelle 6: Herstellerangaben über Maßnahmen zur Untergrundvorbereitung vor dem Auftrag einiger Mörtel- und Polyurethanprodukte

     
   

Hersteller

Beschichtungsprodukte

erforderliche Maßnahmen zur Untergrundvorbereitung*

Mörtel

Ergelit

Kombina
(KT, KS1, KS 2,
KS 2a, KS 2b)

Schachtbaumörtel SBM

Der Untergrund muss fest und frei von losen oder absandenden Teilen sein. Sämtliche Ablagerungen und besonders fettige oder auch trennende Bestandteile (z.B. Kunststoffbeschichtung) sind zu entfernen. Wasserstrahlen oder Sandstrahlen ist notwendig. Der Untergrund muss vorgenässt werden. Fließendes Wasser darf nicht vorhanden sein.

Mapei

Sewament
(40, 100)

Lose bzw. minderfeste Bereiche des Untergrundes sind bis auf den rauhen und tragfähigen mineralischen Kernbeton zu entfernen. Hierbei sind neben losen oder minderfesten Bestandteilen auch Verschmutzungen, Zonen mit Sulfatanreicherungen und sonstige artfremde bzw. sich haftungsmindernd auswirkende Substanzen komplett zu entfernen.

PCI

Kanahaft,
Kanament

Der Untergrund muss frei von haftungsfeindlichen Bestandteilen und Rissen sowie fest und tragfähig sein. Der Untergrund muss mattfeucht, darf jedoch nicht nass sein. Geschädigter Beton und Bereiche mit schädlichen Salzen (z.B. Nitrate, Gips und andere Sulfate) sind mit geeigneten Verfahren abzutragen.

Hasit

Schacht- und Sielbaumörtel

Der Untergrund muss tragfähig, trocken, staubfrei, frei von Mörtelresten und Verunreinigungen aller Art sein. Stark saugende Untergründe sind vorzunässen.

Pagel

KA 20
Kanalmörtel

Der Untergrund ist gründlich zu reinigen. Lose und hafthemmende Teile sowie Zementschlämme durch Druckwasserstrahlen o.Ä. bis zum tragfähigen Korngefüge entfernen. Der Untergrund ist vor dem Auftrag bis zur Sättigung vorzunässen.

Polyurethan

Relius
Coatings

Oldodur WS 56

Der Untergrund darf mattfeucht, aber nicht nass sein. Alte Farbanstriche unbekannter Zusammensetzung sind in jedem Fall vorher restlos entfernen. Der Untergrund muss frei von Dichtungs- und Trennmitteln sein. Verschmutzungen, Zementschlämme und nicht tragfähige Schichten sind durch geeignete Strahlverfahren zu entfernen.

Bayer

Baytec RT

Der Untergrund muss vor der Beschichtung mit Hochdruckwasserdampf gereinigt werden. Auf eine vollständige Austrocknung des Untergrundes kann verzichtet werden.

MC-Bau-chermie

Konudur
Pipe-Grout S

Der Untergrund ist vor der Beschichtung sorgfältig zu reinigen. Die Oberflächen müssen durch geeignete Verfahren so vorbereitet werden, dass sie frei von Zementschlämmen, Staub, Öl und sonstigen trenend wirkenden Stoffen sind.

             * Herstellerangaben aus Verarbeitungsrichtlinien, Materialdatenblättern, Broschüren
     
   

Nach der Vorbereitung des Untergrundes ist zu prüfen, ob die zu beschichtende Fläche die erforderlichen Eigenschaften besitzt. Das wichtigste Kriterium hierfür ist die Oberflächenzugfestigkeit (auch als Abreißfestigkeit bezeichnet) des Untergrundes. Bei Beschichtungen aus Polyurethan ist darüber hinaus das Einhalten der Grenzwerte für die Untergrundfeuchtigkeit von entscheidender Bedeutung.

Nahezu alle der bislang eingesetzten Polyurethane reagieren im nicht ausgehärteten Zustand, also während des Auftragens bis zum Abschluß des Abbindeprozesses, mit Wasser. Dies führt zu Blasenbildung und Aufschäumen des Polyurethans mit der Folge, dass kein Verbund zum Untergrund entsteht. Aus diesem Grund muss vor dem Auftragen eines Polyurethans immer die Feuchtigkeit des Untergrundes gemessen werden. Die Untergrundfeuchtigkeit darf für die heute verwendeten Polyurethane in Abhängigkeit des verwendeten Systems die von den Herstellern vorgegebenen Grenzwerte, z.B. 6 Masse%, nicht überschreiten.

Die an einen Betonuntergrund zu stellenden Anforderungen an die mechanischen Eigenschaften sind u.a. in [50] aufgeführt. Für Mörtelbeschichtungen und filmbildende Beschichtungen wird dort eine Oberflächenzugfestigkeit der Betonunterlage von im Mittel 1,5 N/mm2 mit einem kleinsten Einzelwert von 1,0 N/mm2 gefordert. Die Übertragbarkeit dieser Werte auf die Bedingungen von Beschichtungen in Abwasserschächten ist fraglich.

In den Informationen Nr. 18 des Arbeitskreises Nr. 3 der GSTT „Anforderungen an Mörtel für Abwasserkanäle und Bauwerke der Ortsentwässerung, Teil1: Zementgebundener Mörtel“ [38] werden mechanische Anforderungen an den Untergrund für den Anwendungsfall in Schächten der Ortsentwässerung in Abhängigkeit des Schachtdurchmessers, des Untergrundmaterials und der aufzubringenden Schichtdicke exemplarisch dargestellt (vgl. Tabelle 7). Zusätzlich geben die Hersteller der Beschichtungsprodukte Mindestuntergrundfestigkeiten für den Einsatz der Produkte vor (vgl. Tabelle 8).

     
   

Tabelle 7: Mechanische Anforderungen an den Untergrund vor der Beschichtung (aus [38])

     
   

     
   

Tabelle 8: Herstellerangaben über Mindestuntergrundfestigkeiten für den Einsatz einiger Mörtel- und Polyurethanprodukte

     
   

Hersteller

Produkt

Mindestuntergrundfestigkeit*

Mörtel

Ergelit

Kombina
KT, KS 1, KS 2, KS 2a, KS 2b

keine Angabe

Mapei

Sewament 40, 100

1,5 N/mm2

Pagel

KA 20 Kanalmörtel

1,5 N/mm2

Sika

Sikagard 720 EpoCem Feinspachtel

1,5 N/mm2

Polyurethan

Relius Coatings

Oldodur WS 56

1,5 N/mm2

Bayer

Baytec RT

keine Angabe

* Herstellerangaben aus Verarbeitungsrichtlinien, Materialdatenblättern

   

Weist der Beton bzw. das Mauerwerk Schäden infolge eines chemischen Angriffs auf, so sind die Tiefe der Einwirkung und die Verteilung eventuell vorhandener Fremdstoffe zu ermitteln und die erforderliche Vorgehensweise (z.B. in Bezug auf den Abtrag des geschädigten Teils) festzulegen. Bei chemischen Reaktionen innerhalb der Schachtwand (z.B. Ausblühungen, Alkalitreiben) sind eingehende Untersuchungen über Art, Ursache und mögliche Auswirkungen zu empfehlen. [50]