IKT-eNewsletter Januar 2007 | |
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So gut sind ... Drossel- und Messeinrichtungen (Teil 1) | |
Nahezu 300 Drossel- und Messeinrichtungen hat die IKT-Prüfstelle Durchfluss-Messung in den letzten Jahren überprüft. Das umfangreiche Material der zahlreichen Kontrollmessungen an Regenbecken und Kläranlagen wurde von der unabhängigen Prüfstelle nun erstmals vollständig und systematisch ausgewertet. Das Ergebnis ist eine in diesem Umfang bislang einmalige Fehleranalyse für die unterschiedlichsten Drossel- und Messeinrichtungen. | |
Ursachen und Fehlerquellen
Die rechtlichen Vorgaben der Eigenkontrollverordnungen (z.B. SüwV Kan oder SüwV-kom in NRW und EKVO-Hessen) geben Betreibern von Abwasseranlagen vor, Drossel- und Messeinrichtungen regelmäßig zu überprüfen. Durch unabhängige Kontrollmessungen ist u.a. die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Toleranzgrenzen nachzuweisen. Bei Nicht-Einhaltung drohen Anlagenbetreibern Strafzahlungen oder die Berechnung einer erhöhten Abwasserabgabe. Aber: Welche Mess- und Drosseleinrichtungen liegen besonders häufig außerhalb des zulässigen Toleranzbereichs? Welches sind die häufigsten Ursachen und Fehlerquellen für die festgestellten Abweichungen? Worauf müssen Betreiber bei Planung, Einbau und Betrieb in Zukunft verstärkt achten? Antworten hierauf gibt der neue zweiteilige IKT-eNewsletter „So gut sind ... Drossel- und Messeinrichtungen“. Die Erfahrungen aus der praktischen Überprüfung von Drosseleinrichtungen an Regenbecken stehen im Mittelpunkt des vorliegenden Teil 1. | |
Die Datenbasis: 168 Kontrollmessungen Für die vorliegende Fehleranalyse wertete das IKT die Ergebnisse von 168 Drosselprüfungen aus, die im Auftrag von Kommunen, Wasserverbänden und Ingenieurbüros in den zurückliegenden Jahren allein in NRW durchgeführt wurden. Für diese Prüfungen wurden grundsätzlich die nach Landesrecht geltenden Anforderungen der Selbstüberwachungsverordnung Kanal (SüwV Kan) sowie der Fachbericht 06/2003 des Landesumweltamtes NRW zu Grunde gelegt. Entsprechend wurde die Funktion der Drosseln von den Ingenieuren der staatlich anerkannten IKT-Prüfstelle ausschließlich als Gesamtsystem und unter Betriebsbedingungen, das heißt durch Kontrollmessung bei einem Einstau des Regenbeckens, geprüft. | |
Die gemessenen Abflusswerte werden mit der Kennlinie des Herstellers oder dem vom Auftraggeber genannten Drosselabfluss (Sollwert) verglichen. Wird die Kennlinie oder der Sollwert mit einer Genauigkeit von ±20% eingehalten, erhält die Drosseleinrichtung das Prüfurteil „bestanden“. Die Auswahl der in der vorliegenden Auswertung berücksichtigten Drosseltypen ergibt sich aus den Prüfaufträgen im Berichtszeitraum. Je nach Bauart und Hersteller kann sich die Anzahl der für ein bestimmtes Drosselorgan beauftragten Einzelprüfungen jedoch erheblich unterscheiden. Um dennoch sämtliche der vorliegenden Prüfergebnisse nutzen zu können, und gleichzeitig ein möglichst aussagekräftiges Gesamtergebnis zu erhalten, wurden die überprüften Drosselorgane in Anlehnung an das ATV Regelwerk A 166 technisch sinnvoll in drei Gruppen zusammengefasst. Von Betreibern breit eingesetzt werden elektromechanische Drosselorgane vom Typ I, die auf Grund ihrer weiten Verbreitung auch überwiegend Eingang in die Statistik der IKT-Prüfstelle fanden (58% der Prüfungen im Berichtszeitraum). Außerdem wird diese Kategorie dominiert von magnetisch-induktiven Messeinrichtungen (MID) mit Regelschieber sowie Abwasserpumpstationen, die ebenfalls häufig als Drosselorgan zum Einsatz kommen. Mit dem Abflussbegrenzer Alpheus stellt die Biogest AG als Hersteller von Drosselorganen den überwiegenden Teil der überprüften hydromechanischen Drosselorgane (Drosseltyp II). Gefolgt von den in dieser Kategorie ebenfalls häufig anzutreffenden Hydroslide Abflussreglern der Steinhardt GmbH. Insgesamt wurde in etwa jeder dritten IKT-Prüfung (30%) ein Drosselorgan vom Typ II überprüft. Der bislang geringste Anteil (12%) entfällt auf passive Drosselorgane (Typ III), die auf Grund der häufig fehlenden Absperrmöglichkeiten und einer wasserstandsabhängigen Kennlinie besondere Herausforderungen bei der Überprüfung bieten. | |
Drei Drosseltypen im direkten Vergleich Die Ergebnisse der IKT-Auswertung konzentrieren sich insbesondere auf eine Soll-Ist-Analyse für diese drei Drosseltypen. Durch Kontrollmessung wurde für jede der überprüften Drosseleinrichtungen nachgewiesen, ob der tatsächlich gemessene Abfluss oder die Kennlinie mit den Angaben des Betreibers oder des Herstellers übereinstimmt. Die nachfolgende Grafik zeigt, in wie viel Prozent der Prüfungen die gemessenen Ist-Werte um mehr als das zulässige Toleranzmaß (± 20%) von den vorgegebenen Soll-Werten abweichen. Zusätzlich wird analysiert, wie viel Prozent der nicht bestandenen Prüfungen jeweils den Sollabfluss unter- beziehungsweise überschreiten und um welchen Wert sie durchschnittlich nach oben oder unten abweichen. Eine Auswertung der Prüfergebnisse unabhängig vom Drosseltyp zeigt, dass im Mittel 36% der vom IKT überprüften Drosseleinrichtungen nicht den technischen Anforderungen entsprechen. Darüber hinaus ist festzustellen, dass über die geprüften Drosseleinrichtungen überwiegend ein zu großer Drosselabfluss an das unterhalb liegende Kanalnetz abgegeben wird. Für den Betrieb der Abwasseranlagen bedeutet dies, dass zwar ein seltenerer Einstau des Regenbeckens stattfindet, gleichzeitig werden jedoch die nachfolgenden Abwasseranlagen sowie die Kläranlage deutlich größeren Belastungen ausgesetzt. | |
Die häufigsten Fehler Als wesentliche Fehlerquellen lassen sich sowohl technische als auch betriebliche Gründe anführen. Bauartbedingt besonderes gefährdet sind, entsprechend der bisher vorliegenden Prüfergebnisse, hydromechanische Drosseleinrichtungen vom Typ II. Insbesondere bei Nassaufstellung werden die beweglichen Teile der Drosselorgane bei einem Regenereignis vollständig vom Abwasser ein-oder überstaut. In der Folge sind diese nahezu nach jedem Einstauereignis zu kontrollieren, um Ablagerungen und Verzopfungen zu entfernen, welche andernfalls zu dauerhaften Funktionsstörungen führen können. | |
Im Verlauf zahlreicher Einsätze vor Ort wurden von den IKT-Prüfingenieuren außerdem folgenschwere Einbaufehler aufgedeckt. So blieb auch die „vergessene“ Transportsicherung an einem Drosselorgan bei der Erstüberprüfung nicht unentdeckt. Über fünf Jahre wurde das Abwasser an dieser Stelle ungedrosselt ins Gewässer eingeleitet. Im Zuge der IKT-Prüfung wurde diese Feststellschraube nun entfernt, um das ansonsten bestens intakte Drosselorgan schließlich „in Betrieb zu nehmen“. | |
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Durchaus kein Einzelfall, wie sich mittlerweile herausstellte: Bereits häufiger mussten bei der Überprüfung dieses Drosseltyps Sicherungsschrauben auch nach mehreren „Betriebs-“Jahren noch entfernt werden, um die Abflussdrosseln zu „aktivieren“. Auch die, im Rahmen der Prüfungen vergleichsweise zuverlässigeren, elektromechanischen Drosseleinrichtungen blieben nicht fehlerfrei. Eine der Hauptfehlerquellen lag bei Drosseleinrichtungen diesen Typs in den Systemeinstellungen. Dabei war festzustellen, dass mit den verwendeten Messeinrichtungen zumeist der Volumenstrom richtig erfasst, das nachgeschaltete Regelorgan jedoch oftmals falsch angesteuert wird. Vereinzelt waren die zur Drosselung eingesetzten Motorschieber nur unzureichend auf das Gesamtsystem abgestimmt, so dass die vom Messwertumformer ausgegebenen Stellsignale deutlich zu träge umgesetzt wurden. An den ebenfalls in dieser Kategorie überprüften Pumpstationen wurden vergleichsweise häufig negative Abweichungen festgestellt, d.h. der Sollabfluss wird um mehr als 20% unterschritten. Ursache ist der mit zunehmenden Betriebsstunden häufig auftretende Materialverschleiß, u.a. an den Laufrädern der Pumpen. In der Folge werden nach mehreren Betriebsjahren die ursprünglich zu Grunde gelegten Bemessungs-Förderhöhen und damit der Sollabfluss nicht mehr erreicht. Das negative Prüfergebnis der in der dritten Gruppe (Drosseltyp III) zusammengefassten Drosselorgane lässt sich insbesondere auf das schlechte Abschneiden der überprüften Drosselstrecken, Abflussblenden und Schieber zurückführen. Schieber, die hydraulisch in der Regel auf eine feste Öffnungsweite bemessen wurden, werden im Laufe vieler Betriebjahre aus unterschiedlichen Gründen manuell verstellt. Die damit verbundene Veränderung des Drosselabflusses bleibt meist unberücksichtigt. Besser schneiden hingegen die, bereits ab Werk unveränderlich auf den vorgegebenen Sollabfluss eingestellten Wirbeldrosseln und –ventile ab. Nur durch aufwändigere Eingriffe am Drosselorgan lassen sich diese Werkseinstellungen verändern. Entsprechend sind diese Fehler vergleichsweise seltener zu beobachten. | |
Fazit Von der IKT-Prüfstelle Durchflussmessung wurden nun erstmals die Ergebnisse der Überprüfung von 168 Drosseleinrichtungen an Regenbecken in NRW systematisch ausgewertet. Entstanden ist eine bisher einmalige Fehleranalyse, in der die Stärken und Schwächen unterschiedlicher Drosseltypen aufgezeigt werden. Für die entsprechend ihrer Bauart und Funktionsweise in drei Gruppen aufgeteilten Drosselorgane kommt die IKT-Statistik zu sehr unterschiedlichen Fehlerquoten. Tabellenletzter sind ohne Zweifel die im Berichtszeitraum untersuchten hydromechanischen Drosselorgane, von denen jedes zweite nicht den Qualitäts-Anforderungen genügte. Nur wenig besser: die mit einer Fehlerquote von 40% bewerteten passiven Abflussdrosseln (Drosselstrecken, Abflussblenden etc.). Als überdurchschnittlich gut haben sich hingegen die vielfach eingesetzten und häufig geprüften elektromechanischen Drosseleinrichtungen herausgestellt. Mit einer Fehlerquote von 29% liegen diese rund 7 Prozentpunkte unter dem Gesamt-Mittelwert. Trotz dieser sehr unterschiedlichen Prüfergebnisse haben die Untersuchungen der letzten Jahre aber auch deutlich gezeigt, dass grundsätzlich mit allen geprüften Drosseltypen eine ausreichend genaue Abflussbegrenzung möglich ist. Entscheidend hierfür ist aber insbesondere eine regelmäßige Wartung sowie die sorgfältige Planung und Ausführung der jeweils errichteten Drosselbauwerke. Insgesamt unterstreicht die Fehleranalyse der IKT-Prüfstelle damit grundsätzlich die Notwendigkeit einer regelmäßigen Funktionsüberprüfung und Kalibrierung im Rahmen der betrieblichen Eigenüberwachung. Angesichts einer mittleren Fehlerquote von 36% erscheint das z. Zt. vorgegebene Kalibrierintervall von fünf Jahren für die meisten Drosseltypen angemessen. Hingegen wird eine Erstüberprüfung nach der Errichtung des Drosselbauwerks vom Gesetzgeber derzeit nicht zwingend vorgeschrieben. Nach nun mehrjähriger Prüferfahrung lassen sich jedoch einige der häufig festgestellten Mängel auf Fehler beim Einbau zurückführen. Die Empfehlung daher: Drosseleinrichtungen bereits bei der Bauabnahme durch eine unabhängige Kontrollmessung überprüfen lassen, um Regressansprüche ggf. innerhalb der Gewährleistungsfrist gelten machen zu können. Erfreulicherweise ist zu beobachten, dass bei der Ausschreibung zum Bau von Regenbecken immer häufiger auch die Erstüberprüfung der Drosseleinrichtungen bereits als Position im Leistungsverzeichnis berücksichtigt ist. | |
Ausblick: Messverfahren im Vergleich Teil 2 im nächsten IKT-eNewsletter: Ergebnisse der Kontrollmessung an 130 Kläranlagen. Unterschiedliche Durchflussmessverfahren im Fokus der IKT-Prüfingenieure. | |
Dipl.-Ing. Thomas Nichler |
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