5.2.1 Kulturversuche | ||
Die Porosität eines Substrates kann einen entscheidenden Einfluss auf das Wachstum von Wurzeln haben. Wurzeln müssen die darin auftretenden Poren für ihr Wachstum erschließen. Der Widerstand, den die Wurzeln dabei überwinden müssen, wird von der Größe der Poren im Substrat bestimmt. Für die Versuche wurde eine künstliche Schichtung von zwei Substraten mit unterschiedlichen Porenräumen in Pflanzgefäßen angelegt. Als Substrat mit hohem Porenanteil und guter Durchwurzelbarkeit wurde Komposterde ausgewählt, die für die Containerkultur im Botanischen Garten der Ruhr-Universität Bochum eingesetzt wird. Die Komposterde ist das Produkt natürlicher Kompostierung von organischem Material. Für die Herstellung von Bodenbereichen mit geringem Porenanteil und geringer Durchwurzelbarkeit wurde Bentonit eingesetzt. Das eingesetzte Material besteht aus Tonmineralien mit einer mittleren Partikelgröße von 0,063 mm. Es hat eine Korndichte von 2,65 g/cm3. Im eingebauten Zustand kann die Dichte zwischen 0,8 g/cm³ (Schüttdichte) und 2,39 g/cm³ (Dichte im Anlieferungszustand) variieren [103]. Die geringe Größe der Partikel hat zur Folge, dass die für das Wachstum von Wurzeln notwendigen Räume (Bodenporen) mit einer Größe ab 100 µm nicht auftreten [104]. In das Material aufgenommenes Wasser kann aufgrund der hohen Saugspannung des Bentonits nicht von den Wurzeln aufgenommen werden. Das Wachstum von Wurzeln in das Bentonit herein ist nahezu ausgeschlossen, so dass Bodenbereiche, die aus Bentonit bestehen, die Ausbreitung begrenzen können. Es wurden sowohl Pflanzgefäße hergestellt, bei denen die Füllung der zentralen Säule aus Komposterde bestand, als auch solche, bei denen sie mit Bentonit angefüllt wurde (Abb. 134 A). Die Füllung der Säule mit Bentonit hat zur Folge, dass die mit den Pflanzen eingebrachte Anzuchterde von Bentonit umgeben ist. |
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Abb. 134: Schichtung der Wuchssubstrate. A Schematischer Längsschnitt durch ein Pflanzgefäß. B Verfüllen der verschiedenen Substratschichten |
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Die Substrate wurden in
horizontalen Schichten wechselweise um eine zentrale Säule aus einem der
Substrate eingebracht. Ein Kunststoffrohr mit einem Innendurchmesser von
150 mm wurde senkrecht auf den Boden des Gefäßes gestellt. Der
verbleibende Raum wurde in Schichten von 0,05 m Dicke wechselweise mit den
zwei Substraten gefüllt (Abb. 134 B). Das Rohr wurden bis zur Oberkante
des Bodens im Pflanzgefäß gefüllt und sorgsam nach oben herausgezogen, um
die Lage der Bodenschichten möglichst wenig zu verändern. Ziel der Versuche ist es, den Einfluss von Wuchssubstraten mit verschiedenen Porenräumen und damit unterschiedlicher Durchwurzelbarkeit auf die Ausbreitung darin kultivierter Wurzeln zu untersuchen. In die Pflanzgefäße werden zum einen Bodenbereiche mit Komposterde und zum anderen Bodenbereiche mit Bentonit eingebaut. Gemäß der Annahme, dass der Porenraum eines Substrates das Wurzelwachstum beeinflusst, sollten sich die Wurzeln der Versuchspflanzen zum Ende der Versuche nur im Bereich der Erde befinden. Es ist zu erwarten, dass die Bentonit-Bereiche frei von Wurzeln bleiben. Bei Kontrollversuchen wird eine umgekehrte Abfolge der Substrate eingebaut. Das Vertauschen der Abfolge der Materialien in den Schichten und der Säule hat zur Folge, dass die Wurzeln durch die Bereiche aus Bentonit hindurchwachsen müssen, um Bereiche aus Komposterde zu erreichen (Abb. 134 A). Für die Versuche wurden jeweils fünf Gefäße pro Füllung bepflanzt und für drei Monat im Freiland kultiviert. Alle Gefäße wurden gleichmäßig bewässert. Die fünf Versuchspflanzen in den Versuchsgefäßen sind ohne sichtbare Beschädigung oder Mangel aus der dreimonatigen Kultur hervorgegangen. Sproß, Blätter und Wurzeln machten bei Öffnen der Gefäße äußerlich eine vitalen Eindruck. |
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Für die Untersuchung der Ausbreitung der Wurzeln im Boden wurden die Pflanzgefäße mit einer Gartenschere längs aufgeschnitten und eine Hälfte des Gefäßes abgenommen. Ein großer Anteil der Wurzeln befindet sich im Bereich der Oberfläche und am Boden des Topfes (Abb. 135). Wie erwartet befanden sich die Wurzeln nur in den Schichten aus Komposterde. In den Schichten aus Bentonit waren keine Wurzeln zu erkennen. Die äußere Oberfläche der Bentonitschichten, die mit der Innenseite des Pflanzgefäßes in Kontakt gekommen ist, wirkt abgerissen und zerfurcht. Es ist zu erkennen, dass diese Oberfläche an der Gefäßwand gehaftet hat. Die Feuchtigkeit der Bentonitschichten war im Gegensatz zur Komposterde hoch, das Bentonit war plastisch verformbar und zu Ringen verfestigt. | ||
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Abb. 135: Seitlich geöffnetes Pflanzgefäß. In den Schichten aus Bentonit sind keine Wurzeln zu erkennen. |
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Bei den Pflanzgefäßen wurde die Hälfte der Füllung bis auf die untere Schicht Komposterde entfernt (Abb. 136). Der Bereich der zentralen Säule, die hier mit Komposterde gefüllt war, ist von Wurzeln der Weide durchwurzelt. Es waren sowohl Wurzeln mit geringem Durchmesser (ca. 1 mm), als auch solche mit einem großen Durchmesser (bis 3 mm) zu erkennen. Ein Teil der Wurzeln, die sich in der unteren Bodenschicht des Gefäßes befinden, ragen am äußeren Rand des Pflanzgefäßes nach oben. | ||
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Abb. 136: Pflanzgefäß nach dreimonatiger Kultur, Füllung zur Hälfte entfernt. |
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Wasser freigespült, um ihre Ausbreitung in und zwischen den Bodenschichten zu erkennen (Abb. 137). Die obere Bodenschicht war stark durchwurzelt, hier treten hauptsächlich feine Wurzeln (bis 1,5 mm Durchmesser auf). Im zentralen Bereich der Komposterde durchziehen mehrere deutlich verholzte Wurzeln (Durchmesser über 1,5 mm) das Pflanzgefäß in Längsrichtung. Von diesen zweigen in der Komposterde, zwischen den Bentonit-Schichten Seitenwurzeln von nur geringer Länge ab (Pfeil 1). Diese Seitenwurzeln reichen bis an den Rand der Bentonit-Schichten. Die zwischen den horizontalen Schichten aus Bentonit wachsenden Seitenwurzeln erreichen eine größere Länge. Sie reichen nahezu bis zur Wand des Pflanzgefäßes (Pfeil 2). Die untere Bodenschicht enthält feine und verholzte Wurzeln. Verholzte Wurzeln befinden sich in der unteren Substratschicht direkt am Boden des Pflanzgefäßes. | ||
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Abb. 137: Geöffnetes Pflanzgefäß, Wurzeln mit Wasser freigespült. Die Wurzeln sind nicht in das Bentonit gewachsen. |
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Eine Betrachtung der unteren Bodenschichten zeigt, dass hier ein Teil der Wurzel entlang der Kontaktfläche von Komposterde und Pflanzgefäß gewachsen ist (Abb. 138). In der unteren Schicht des Gefäßes sind Wurzeln mit einem großen Durchmesser (ca. 3 mm, Pfeile) zu erkennen, die an der Komposterde entlang wachsen, jedoch die Erde nicht durchdringen. Wurzeln mit einem geringen Durchmesser (ca. 1 mm) überziehen die Kontaktfläche der Erde als ein braunes Geflecht und durchwurzeln sie nur in der unteren Bodenschicht. Am Boden des Gefäßes sind Wurzeln zu erkennen, die direkt nebeneinander parallel gewachsen sind (Abb. 138, unten). | ||
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Abb. 138: Untere Bodenschicht eines Pflanzgefäßes. Eine Hälfte wurde entfernt. Ein großer Teil der Wurzeln ist direkt am Boden des Gefäßes gewachsen. |
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Die untere Bodenschicht des Gefäßes ist stark durchwurzelt (Abb. 139). Die verholzten Wurzeln auf dem Boden des Pflanzgefäßes sind vom Zentrum aus zum Rand gewachsen. Die Wurzeln haben sich entlang der Wände bzw. des Bodens des Gefäßes ausgebreitet. Bei einigen Wurzeln sind die Spitzen bzw. der Bereich 2-3 cm basal davon stark verdickt (Abb. 140). Derartig ausgebildete Wurzelspitzen traten vornehmlich an Stellen auf, an denen die Wurzeln bei Wachstum Kontakt mit der Wand oder dem Boden des Gefäßes hatten. In den verdickten Bereich verzweigen die Wurzeln sich nur wenig oder gar nicht. | ||
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Abb. 139: Seitlich geöffnetes Pflanzgefäß von unten. Am Boden des Pflanzgefäßes sind verholzte Wurzeln zu erkennen. |
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Die Wurzeln sind entlang der Gefäßwand bzw. des Bodens gewachsen (Abb. 140). Die Wurzel mit stark verdicktem Spitzenbereich ist am Boden des Gefäßes entlang über den Rand gewachsen. Ihr weiteres Wachstum verlief schräg entgegen der Erdschwerkraft entlang der Gefäßwand (Abb. 138 und Abb. 139). Es ist denkbar, dass der als Folge von Trocknungs- und Schrumpfungsprozessen entstehende Raum zwischen der Füllung des Pflanzgefäßes und der Wand, für die Wurzeln einen leicht durchwurzelbaren Bereich bildet. | ||
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Abb. 140: Untere Bodenschicht eines Pflanzgefäßes. Die Wurzeln sind am Rand des Pflanzcontainers entlang gewachsen. |
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Um die o.a. Ergebnisse zu überprüfen, wurden sogenannte Kontrollversuche durchgeführt. |
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Die Versuchspflanzen der Kontrollversuche zeigten bereits in den ersten Wochen der Kultur ein langsameres Wachstum als die der zuvor beschrieben Pflanzen. Im Vergleich war das Wachstum des Sprosses wie auch die Anzahl der Blätter gemindert. Die Blätter waren deutlich schwächer gefärbt. Bei Öffnen der Pflanzgefäße zeigte sich, das der mechanische Halt der Pflanzen durch ihre Wurzeln in der zentralen Säule aus Bentonit nur gering war. | ||
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Abb. 141: Versuchspflanze nach dem Kontrollversuch. Die Pflanze ist verkümmert. |
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Für die Analyse des Wurzelwachstums in den Pflanzgefäßen war es nötig, die komplette Füllung durch Umdrehen und Ausgießen der Gefäße zu entfernen. Der Zusammenhalt der Schichten, die aus Komposterde bestanden, ist durch Fehlen der verfestigenden Wirkung einer Durchwurzelung nicht erhalten geblieben (Abb. 142). Die Füllung der Gefäße der Kontrollversuche wurde wie beschrieben durch Umkippen entnommen. Nach Entnahme der Füllung aus dem Gefäß wurde deutlich, dass das Wuchssubstrat nicht so durchwurzelt wurde, wie es bei den zuvor beschriebenen Versuchspflanzen der Fall war. Die Bereiche der Gefäße, in denen sich Komposterde in Schichten befand, wurden nicht von den Wurzeln erreicht und durchwurzelt. | ||
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Abb. 142: Füllung eines Gefäßes der Kontrollversuche (auf dem Kopf stehend). |
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Die Ausbreitung der Wurzeln blieb in den Bereichen aus, die von Bentonit eingenommen wurden (Abb. 143). Die im Bild untere Bentonitschicht stellte im Pflanzgefäß die Oberfläche dar. Die Wurzeln beschränken sich auf den Bodenraum, den die Anzuchterde eingenommen hat, und in der die Weiden vor dem Umpflanzen in die Versuchsgefäße kultiviert worden sind. Im unteren Teil der Pflanzgefäße (im Bild oben) wurden keine Wurzeln festgestellt. Das Wurzelsystem war hier verkümmert und ist nicht in andere Teile der Füllung vorgedrungen. Das Bentonit war feucht, plastisch verformbar und zu einem wurzelfreien Ring verfestigt. | ||
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Abb. 143: Füllung eines Pflanzgefäßes der Kontrollversuche. Die Füllung wurde längs halbiert. Die Bereiche mit Bentonit sind frei von Wurzeln. |
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Bei den Kontrollversuchen waren die Wurzeln der Weide auf einen kleinen Bereich beschränkt (Abb. 144). Die Wurzeln haben lediglich den Raum an der Oberfläche des Pflanzgefäßes eingenommen, in den sie mit einem Ballen Anzuchterde gepflanzt worden sind. Die Anzuchterde ist komplett durchwurzelt, die Wurzeln haben sich nicht in das umgebende Bentonit ausgebreitet. Der aus Bentonit bestehende Bodenraum ist frei von Wurzeln. | ||
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Abb. 144: Rest der Anzuchterde nach Durchführung der Kontrollversuche. Die Wurzeln sind nicht in das Bentonit gewachsen. Sie beschränken sich auf den Bereich der Anzuchterde. |
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