4.3.1.4 Dichtheitsprüfung
     
    Vier unsanierte Schächte wurden bereits einige Tage vor Sanierungsausführung einer Wasserdichtheitsprüfung unterzogen. An allen Schächten wurden ca. 28 Tage nach der Sanierungsausführung Dichtheitsprüfungen mit Wasser angestrebt und in 31 Fällen ausgeführt. In 11 Fällen hätte die Wasserdichtheitsprüfung nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand durchgeführt werden können. Um die Durchführung der Prüfung und Aussagekraft der Prüfkriterien vergleichen zu können, wurden die Schächte einheitlich zunächst nach ATV-M 143, Teil 6 [29] (Dichtheitsprüfung an bestehenden Schächten) und im Anschluss nach den Prüfkriterien gemäß DIN EN 1610 [28] (Dichtheitsprüfung im Rahmen der Bauausführung) geprüft (vgl. Abschnitt 3.1.3).

Zunächst wurden alle einbindenden Leitungen mit Dichtblasen abgesperrt und eine Markierung ca. 50 cm über dem Scheitel der untersten Rohreinbindung an die Schachtwandung angebracht (vgl. Abb. 49). Anschließend wurde der Schacht unter Einsatz eines Spülfahrzeugs bis zu dieser Markierung mit Wasser befüllt und eine Prüfung gemäß ATV-M 143, Teil 6 [29] durchgeführt. Nach Ablauf der Prüfzeit wurde der gemessene Wasserverlust notiert, der Schacht bis zu den Auflageringen mit Wasser befüllt und der Schacht gemäß DIN EN 1610 [28] geprüft (vgl. Abb. 50). Bei beiden Prüfungen wurde der Wasserstand während der Prüfzeit mit einem Druckfühler gemessen.
     
   

     
   

Abb. 49: Setzen einer Markierung 50 cm über dem Scheitel der untersten Rohreinbindung

Abb. 50: Füllen des Schachtes bis zu den Auflageringen für eine Prüfung gemäß DIN EN 1610

     
    Im Gesamtblick der Ergebnisse zeigte sich, dass Wasserdichtsprüfungen im Rahmen der Abnahme von Sanierungsmaßnahmen grundsätzlich nicht geeignet sind, um mit vertretbarem Aufwand Ausführungsmängel zweifelsfrei zu identifizieren. Es ist insbesondere zu vermuten, dass die Prüfergebnisse z.B. aufgrund von Umläufigkeiten im Bereich der Absperrblasen nur in seltenen Fällen verwertbar sind. Im vorliegenden Fall wurden z.T. nach der Sanierung sogar größere Wasserverluste gemessen als vor Ausführung der Maßnahme (Tabelle 27).
     
   

Tabelle 27: Vergleich der Ergebnisse der Wasserdichtheitsprüfungen an den unsanierten Schächten mit denen der Prüfungen nach Ausführung der Sanierungen

     
   

 

Prüfung gemäß ATV-M 143, Teil 6

Prüfung gemäß DIN EN 1610

Schacht Nr.*

Prüfung im
unsanierten
Zustand

Prüfung nach
Ausführung der Sanierung

Prüfung im
unsanierten
Zustand

Prüfung nach
Ausführung der Sanierung

 

Wasser-
zugabe [l]

Ergebnis

Wasser-

zugabe [l]

Ergebnis

Wasser-
zugabe [l]

Ergebnis

Wasser-
zugabe [l]

Ergebnis

36

>> 100

nicht
bestanden

30,8

nicht
bestanden

>> 100

nicht
bestanden

>> 100

nicht
bestanden

37

22,9

nicht
bestanden

50,1

nicht
bestanden

>> 100

nicht
bestanden

>> 100

nicht
bestanden

38

35,7

nicht
bestanden

37,7

nicht
bestanden

>> 100

nicht
bestanden

>> 100

nicht
bestanden

42

1,2

bestanden

2,0

nicht
bestanden

43,3

nicht
bestanden

50,2

nicht
bestanden

weitere Informationen zu den Schächten sowie zu der Untergrundvorbehandlung und der Auftragsart der Mörtel                 bzw. Polyurethane finden sich in Abb. 37, Abb. 38 und Tabelle 16

     
   

Lediglich die Dichtheit des Schachtes, nicht aber dessen Undichtigkeit, lässt sich somit durch eine Wasserdichtheitsprüfung zuverlässig bestätigen. Nach der Sanierung wurden bei 13 von 31 Schächten die Kriterien nach ATV-M 143, Teil 6 und bei 7 von 29 Schächten die Kriterien nach DIN EN 1610 erfüllt. Die übrigen Prüfungen mussten z.T. schon nach wenigen Minuten abgebrochen werden, da der Wasserstand auch durch Nachfüllen über einen Schlauch kaum aufrechterhalten werden konnte. Entsprechend kam es in diesen Fällen auch zu großen Unterschieden in den Ergebnissen der einzelnen Prüfverfahren.

Im einzelnen ergaben sich die folgenden technischen Schwierigkeiten:

  •      Wurden der Gerinnebereich und die Berme des Schachtes nicht in die Sanierungsmaßnahme einbezogen, ist eine Dichtheitsprüfung allein des sanierten Bereichs technisch derzeit nicht umsetzbar. Undichtigkeiten, z.B. im Gerinne, können dann zu Fehlinterpretationen des Prüfergebnisses führen.

  •      Wurden die Zu- und Abläufe bzw. die einbindenden Kanalhaltungen nicht bzw. nicht fachgerecht saniert, erhöht sich die Gefahr von Umläufigkeiten an den Absperrblasen. Allerdings ist eine Kontrolle der Dichtwirkung der Absperrblasen insbesondere im Zulauf kaum möglich, da sich das Abwasser dort hinter der Dichtblase aufstaut und eine Kamerabefahrung zur Erkennung von Undichtigkeiten ausschließt. Werden die Blasen weit in die Leitungen eingeschoben (z.B. aufgrund von Inkrustationen), können darüber hinaus auch Undichtigkeiten in den angeschlossenen Leitungen zu Wasserverlusten führen. Bei den Schächten Nr. 8 und Nr. 29 waren die anbindenden Betonkanäle so stark korrodiert, dass eine Dichtheitsprüfung ohne eine Beschichtung der einbindenden Leitungsbereiche nicht möglich war. Aufgrund der scharfkantigen Oberfläche des Kanals in diesen Bereichen wurde eine Absperrblase während des Befüllvorgangs zerstört und die Prüfung abgebrochen.

Darüber hinaus überstiegen die Kosten für die Dichtheitsprüfung des Schachtes in einigen Fällen sogar die zu erwartenden Sanierungskosten. Dies war im Wesentlichen auf die folgenden Umstände zurückzuführen:

  •      Bei großen Kanälen (z.B. ≥ DN 800) ist mit Schwierigkeiten beim Einbringen der Prüfblasen durch den Schachthals zu rechnen. Sonderprofile (z.B. Eiquerschnitt) erfordern z.T. spezielles Equipment.

  •      Die Wasserhaltung kann bei hohem Trockenwetterabfluss mit besonderem Aufwand verbunden sein. In einem Einzelfall wurden von zwei Fachfirmen für die Ausführung einer Dichtheitsprüfung und den Aufbau einer Wasserhaltung hinter der Mündung einer Sammeldruckrohrleitung im Zulauf einer Kläranlage Angebote in Höhe von € 4.740,00 bzw.
    € 10.062,00 zzgl. MwSt. abgegeben.

  •      Müssen die technischen Randbedingungen für die Prüfung (vgl. technische Schwierigkeiten oben) in großem Umfang verbessert werden, entstehen ebenfalls bereits im Vorfeld der Prüfung erhebliche Kosten. Um dies beispielhaft zu belegen, wurde für die Schächte Nr. 34 und 35 trotz hohen Trockenwetterabflusses, unzureichender Ausbildung der Zu- und Abläufe, mangelhafter Gerinne und großer Leitungsquerschnitte eine Fachfirma mit der Dichtheitsprüfung und dem Aufbau einer Wasserhaltung beauftragt. Die veranschlagten Kosten lagen bei € 3.159,00 (1. Bieter) bzw. € 3.360,00 (2. Bieter) zzgl. MwSt. Nachdem ein Mitarbeiter der beauftragten Fachfirma die Schächte inspiziert hatte, wurden seitens der Fachfima zahlreiche Hinderungsgründe für eine Dichtheitsprüfung im vorgesehenen Umfang angeführt. Da zwangsläufig das unbeschichtete Gerinne und ein Teil des einmündenden, ebenfalls unsanierten Mauerwerkskanals hätten mitgeprüft werden müssen, wären Fehlinterpretationen und Umläufigkeiten wahrscheinlich, wenn die einmündenden Kanäle nicht vor Durchführung der Dichtheitsprüfung ebenfalls mindestens auf einer Länge von zwei Metern beschichtet werden. Auch seien die Steigeisen im oberen Bereich des Schachtes vor der Prüfung abzumontieren, um die Absperrblasen für die Eiprofile DN 800/1200 in den Schacht einsetzen zu können. Im Ergebnis wurde im Einvernehmen mit dem Anbieter auf die Durchführung einer Dichtheitsprüfung verzichtet.

Als Fazit kann festgestellt werden, dass eine Wasserdichtheitsprüfung im Schacht nicht immer zuverlässige Aussagen zum Erfolg einer Beschichtungsmaßnahme liefert. Oft stehen die Kosten nicht im Verhältnis zum Nutzen. Nur wenn auch der Sohlenbereich einschließlich Gerinne sowie die einbindenden Kanalhaltungen saniert wurden, kann eine Prüfung mit Luft- bzw. Wasserdruck in Einzelfällen zielführend sein. Grundsätzlich scheint dann eine Wasserdichtheitsprüfung gemäß ATV-M 143, Teil 6 kombiniert mit einer optischen Inspektion des oberen Schachtbereiches sinnvoll. In allen anderen Fällen bietet eine umfassende optische Inspektion zuverlässigere Informationen zur Wasserdichtheit der Schachtwandung als eine Prüfung mit Wasserinnendruck. Der Zustand einer Beschichtung sollte dann durch Inaugenscheinnahme des gesamten Schachtbauwerkes einschließlich Einbindungsbereichen, Gerinne und Steigeisen erfasst und fotografisch dokumentiert werden. Idealerweise sollte diese Untersuchung bei hohen Grundwasserständen durchgeführt werden, damit Fehlstellen in der Beschichtung auch durch Wassereintritt erkannt werden können.