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IKT-eNewsletter September 2010
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Grundstücksentwässerung kompakt - Teil 1: Bürgerinformation

Das IKT organisiert den Lehrgang „Zertifizierter Berater Grundstücksentwässerung“. Mehr als 150 Absolventen wurden ausgebildet. Zu aktuellen Themen der Grundstücksentwässerung fasst Lehrgangsleiter Dipl.-Ing. Sebastian Beck die Erfahrungen zusammen. Im Teil 1 steht die Bürgerinformation zur Dichtheitsprüfung und die notwendige Einbindung der Bürger im Mittelpunkt.

Die Ausgangssituation

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Grundstücksentwässerung im Fokus

Das Thema „Dichtheitsprüfung privater Abwasserleitungen“ spiegelt sich seit der Überarbeitung im Jahr 2007 im neu geschaffenen § 61a des nordrhein-westfälischen Landeswassergesetzes wider. Die große Herausforderung für die Kommunen liegt dabei darin, Grundstückseigentümer über die Dichtheitsprüfung kompetent zu unterrichten und zu beraten. Aus der schwierigen Ausgangssituation heraus – als Überbringer der schlechten Nachricht über unerwartete Eigentümerkosten – sollte ein positives Bild in der Öffentlichkeit abgegeben und die wasserwirtschaftliche Relevanz des Themas betont werden. Seitens der Eigentümer werden vielerorts Vergleiche mit den in der Landwirtschaft eingesetzten Düngemitteln und der Gefahr von häuslichem Abwasser laut. Klare und überzeugende Argumente sind daher gefragt, um die Freiwilligkeit der Grundstückseigentümer zur Durchführung der Dichtheitsprüfung zu erreichen.

Dichtheitsprüfung zum Schutz der Umwelt

Das nordrhein-westfälische Landeswassergesetz fordert, dass Abwasserleitungen generell dicht, geschlossen und soweit zum Reinigen eingerichtet sein müssen. Des Weiteren müssen Abwasseranlagen so betriebssicher sein, dass Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen können (vgl. § 61a (1) LWG NRW).

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Infiltration von Fremdwasser
durch einen undichten Abwasserkanal

Die gesetzlichen Forderungen werden dadurch begründet, dass undichte Leitungen eine Gefahr für Boden, Grundwasser und Gebäude darstellen können. Abwasser kann durch undichte Leitungen in den Boden versickern. Dadurch kann der Boden verunreinigt und auch die Qualität des Grundwassers beeinträchtigt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen stellt die Verunreinigung auch einen Tatbestand nach Strafgesetzbuch dar (vgl. § 324 ff.).

Durch Undichtigkeiten kann aber auch Grundwasser in die Leitungen eindringen. Das führt zu einem erhöhten Abwasseraufkommen in der öffentlichen Kanalisation (Fremdwasser) und damit zu einer Mehrbelastung der Kläranlage mit Auswirkungen auf die Abwassereinigung. Durch die höheren Kosten der Abwasserreinigung können auch die Abwassergebühren steigen. Im Einzelfall führen undichte Kanäle auch zu Vernässungen an Kellerwänden und zu einer Minderung der hydraulischen Leistungsfähigkeit des Kanals bei infiltrierendem Grundwasser.

Dichtheit ist nicht alles…

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Zerbrochener Kanal,
Gefährdung der Standsicherheit
(Bild: Gemeinde Möhnesee)

Das im Allgemeinen populäre Thema „Umweltschutz“ verliert bei einigen Eigentümern mit steigenden Kosten an Akzeptanz. Auch werden vielerorts Vergleiche mit den in der Landwirtschaft eingesetzten Düngemitteln laut, wenn es um das Gefährdungspotential von häuslichem Abwasser geht. Fremdwasserinfiltrationen sind i.d.R. auch nur in lokalen Schwerpunktgebieten vorhanden, so dass nicht jeder Eigentümer betroffen ist.

Obwohl die gesetzliche Verpflichtung in Verbindung mit den Anforderungen an den Umweltschutz als Argumentationsstruktur bereits hinreichend ist, können weitere klare und überzeugende Argumente zur Bürgerakzeptanz beitragen.

Durch größere Schäden beispielsweise kann Bettungsmaterial in das Rohr eingespült werden. Liegt der Kanal unter der Bodenplatte oder im Vorgarten können Hohlräume entstehen, die zu Setzungsschäden an der Leitung und im Extremfall auch am Gebäude führen können. Liegen diese Schäden im öffentlichen Bereich - unter der Straße oder dem Gehweg – besteht die Gefahr von Setzungsschäden im öffentlichen Verkehrsraum (z.B. Tagesbrüche). Bei komplettem Einsturz eines Abwasserkanals besteht ferner die Gefahr von Verstopfungen und Rückstau.

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Ratte und Ablagerungen
im Abwasserkanal

Bestimmte Schadensbilder mindern die hydraulische Leitfähigkeit von Abwasserkanälen. Beispielsweise stellen Wurzeln Abflusshindernisse dar, so dass die Gefahr von Verstopfungen und Rückstau besteht. Im Zuge der Dichtheitsprüfung empfiehlt es sich auch, die hydraulische Auslastung des Abwasserkanals zu überprüfen. Hydraulisch zu kleine Kanäle erhöhen ebenfalls das Risiko von Rückstauschäden. Viele ältere Kanäle wurden damals zu anderen Randbedingungen gebaut als heutzutage vorherrschen (neue versiegelte Flächen, verändertes Klima, neue Entwässerungsgegenstände wie z.B. Duschen, Spül- und Waschmaschinen).

Viele Grundstücksentwässerungsanlagen wurden in der Vergangenheit ohne ausreichende Rückstausicherung gebaut. Rückstauereignisse können zu massiven Schäden am Wohneigentum führen. Die in zunehmender Anzahl auftretenden Extremwetter erhöhen das Risiko für Eigentümer vor Rückstauschäden.

Eine unzureichende Wartung von Grundstücksentwässerungsanlagen kann des Weiteren auch hygienische Auswirkungen haben. So kann es zu starker Geruchsbelästigung oder auch zur Ungezieferbildung kommen.

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Wurzeleinwuchs als Abflusshindernis,
Verstopfungsgefahr

Die Dichtheitsprüfung nach § 61a LWG NRW kann auch zu finanziellen Vorteilen für den Eigentümer beitragen. Zum einen trägt sie zum Werterhalt des Gebäudes bei und zum anderen kann z.B. eine neu durchdachte Regenwasserbewirtschaftung im Rahmen der Sanierung zu nachhaltigen Kosteneinsparungen führen. Entsprechen Abwasseranlagen nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik, kann dies darüber hinaus zum Erlöschen eines möglichen Versicherungsschutzes führen.

Im Zusammenhang mit der Dichtheitsprüfung nach § 61a LWG NRW empfiehlt es sich zusammengefasst, die gesamte Grundstücksentwässerung einschließlich der genannten Aspekte zu betrachten und in die Beratung der Grundstückseigentümer aufzunehmen.

Argumentationshilfen im Überblick

Folgende Tabelle fasst die Argumente zur Bürgerinformation und -einbindung zu § 61a LWG NRW zusammen:

Thema Argumente zur Bürgerinformation und -einbindung zu § 61a LWG NRW
Dichtheit
  • Gesetzliche Forderungen nach § 61a LWG NRW müssen erfüllt werden
  • Vermeidung der Exfiltration von Schmutzwasser mit möglichen Boden- und Grund-wasserverunreinigungen (Umweltschutz)
  • Vermeidung der Infiltration von Grundwasser mit möglichen Auswirkungen auf die Abwasserreinigung und die Abwassergebühren
  • Vermeidung von Exfiltration mit möglichen Vernässungen am Gebäude
  • Vermeidung von Infiltration mit verminderter hydraulischer Leistung im Kanal
  • Rechtliche Folgen sind möglich (Bußgelder etc.)
  • Haftungsrisiko bei Boden- und Grundwasserverunreinigung (vgl. StGB § 324 ff.)
Standsicherheit
  • Vermeidung von Setzungsschäden (z.B. Hohlräume, Tagesbrüche) im öffentlichen Verkehrsraum (Schutz der Allgemeinheit)
  • Vermeidung von Setzungsschäden am Gebäude (Gebäudeschutz)
Betriebssicherheit
  • Hydraulische Funktionsmängel können erkannt werden: Minderung der Gefahr von Rückstau, Verstopfungen und Vernässungen
  • Rückstausicherung kann überprüft werden: Schutz vor Überflutung bei Rückstau
Hygiene
  • Vermeidung von Ungezieferbildung und Rattenpopulation
  • Vermeidung von Geruchsbelästigung
Kosten
  • Der Werterhalt des Gebäudes wird gesteigert
  • Aspekte wie Regenwasserbewirtschaftung können finanzielle Vorteile beinhalten
  • Unzureichende Wartung kann zum Erlöschen des Versicherungsschutzes führen

Hintergrund

Der neue § 61a Landeswassergesetz NRW schreibt vor, dass alle privaten Abwasserleitungen bis spätestens zum 31. Dezember 2015 auf Dichtheit zu prüfen und ggf. zu sanieren sind. Dies gilt sowohl für private als auch für gewerbliche Grundstücke. Bei mehr als 3,5 Mio. Liegenschaften in NRW entsteht daraus ein sehr hoher Beratungsbedarf bei den Grundstückseigentümern. Ebenso bei den Kommunen, denen der § 61a LWG eine Beratungspflicht für ihre Bürger auferlegt und die für diese Aufgabe auf externen Sachverstand zurückgreifen wollen.

Um diesem erhöhten Bedarf nach Beratung erfolgreich nachkommen zu können, müssen sowohl Ingenieurbüros als auch Kommunen ihre Mitarbeiter weiterbilden. Hierzu bietet das IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur den Lehrgang "Zertifizierter Berater Grundstücksentwässerung" an. Dieser ist mit den 58 Mitgliedskommunen des "Kommunalen Netzwerks Grundstücksentwässerung" (KomNetGEW) abgestimmt.

Die erfolgreichen Absolventen dieses Lehrgangs werden in einer zentralen Beraterliste auf der Homepage des KomNetGEW veröffentlicht. Diese steht Grundstückseigentümern und Kommunen zur Verfügung bei der Suche nach geeigneten Beratern.



Dipl.-Ing. Sebastian Beck
IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH
Exterbruch 1
45886 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-21
Fax: 0209 17806-88
E-Mail: info@ikt.de
Internet: www.ikt.de



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