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IKT-eNewsletter Juni 2003
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Dichtheitsprüfungen an Schächten aus Beton

Dichtheitsprüfungen an Betonschächten
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Ist bei Ihnen noch alles dicht?
 

Undichte Schachtkörper haben unerwünschte Ex- und Infiltrationen (Fremdwasser) zur Folge, die im Betrieb augenfällig sichtbar sind. Wie erkennt man aber Undichtigkeiten bei der Abnahme neuer Schächte, wenn auf der Baustelle das Grundwasser noch abgesenkt ist? Ein jetzt begonnenes IKT-Projekt erforscht, wie eine sinnvolle Abnahmeprüfung aussehen könnte.

Die jüngsten Ergebnisse eines Forschungsvorhabens der Entwässerung Stadt Witten (ESW) [i] haben gezeigt, dass  für eine Dichtheitsprüfung von Abwasserschächten nach DIN 4034 Teil 1 [v] mit nicht zugkraftschlüssigen Schachtverbindungen die Vorgehensweise und Prüfkriterien in den geltenden Normen nicht ausreichend beschrieben sind. Zwar werden nach verschiedenen Normen die Prüfdrücke und Wassernachfüllmengen vorgegeben, es fehlen jedoch Hinweise, wie dieser Druck aufzubringen ist und wie die in der Folge am Schachtboden bzw. Schachtoberteil entstehenden Druckkräfte sachgemäß abgeleitet werden können (Prüfaufbau für Werke) und wie Wasserverluste möglichst genau aufzunehmen sind (Prüfaufbau für Baustellen).

Folglich werden Dichtheitsprüfungen im Labor und im Werk, aber auch bei der Abnahme- bzw. Inspektionsprüfung im Kanalnetz mit sehr unterschiedlichem Prüfaufbau unter wechselnden Randbedingungen ausgeführt. Daraus entstehen erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Ergebnisse und deren Interpretation. Die Dichtheit der Schächte im späteren Betriebszustand ist so kaum oder gar nicht zu gewährleisten (s. IKT - eNewsletter vom Februar 2002).

Verschärft wird diese Situation auch dadurch, dass angesichts der ca. 10 Millionen Abwasserschächte in Deutschland die Beseitigung der Schäden für die Netzbetreiber mit einem beträchtlichen finanziellen Aufwand verbunden ist (vgl. [ii]).

Doch wozu dienen Schächte überhaupt? Hier eine kleine Auffrischung.

Abwasserschächte dienen zur Be- und Entlüftung von erdverlegten Abwasserkanälen und -leitungen. Sie bieten die Möglichkeit, für Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten in die Kanalisation einzusteigen. Auch zweigen hier Kanäle oder Leitungen ab, münden ein oder ändern Richtung, Gefälle sowie Querschnitt [iii].

Schächte für Abwasserkanäle und –leitungen wurden früher gemauert oder in Ortbeton hergestellt. Heute werden vornehmlich Schächte aus vorgefertigten Schachtfertigteilen aus Beton und Stahlbeton eingesetzt (Bild 1). Anforderungen und Prüfungen sowie Regelvorschläge für Planung und Ausführung von Schächten für erdverlegte Abwasserkanäle und –leitungen sind in unterschiedlichen Regelwerken enthalten.

 

Bild 1:   Bestandteile eines Abwasserschachtes, Beispiel [iv]

 

Vor der Lieferung der Schachtbauteile auf die Baustelle wird jedoch schon im Betonfertigteilwerk die Wasserdichtheit im Rahmen einer Eignungs- und Funktionsprüfung überwacht. Als Prüfgrundlage ist DIN 4034 Teil 1 [v] zu verwenden. Die Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbetonrohre e.V. hat zur besonderen Qualitätssicherung ihrer Produkte in der FBS-Qualitätsrichtlinie [vi] ebenfalls Prüfstandards vereinbart. Die besonderen Anforderungen an die Wasserdichtheit der Verbindungen mit Elastomerdichtungen sind in DIN 4060 [vii] festgelegt. In Betrieb befindliche Schächte sind im Rahmen der Inspektion nach ATV 143 Teil 6 [viii] zu prüfen.

Doch wie wird bei Ihnen auf der Baustelle geprüft?

Die Dichtheitsprüfungen an neu errichteten Abwasserschächten sind nach DIN EN 1610 [ix] entweder mit Luft oder mit Wasser durchzuführen, wobei die Anwendung des Verfahrens mit Luftüberdruck in der Praxis aus Gründen der Arbeitssicherheit kritisch bewertet wird (Explosionsgefahr bei größerem Prüfvolumen). Zur Luftunterdruckprüfung fehlen Erfahrungen zur Bewertung der Prüfergebnisse [ix]. Beim Verfahren mit Wasser kann eine Vorprüfung, vor Einbringen der Seitenverfüllung, durchgeführt werden. Maßgebend ist aber die Abnahmeprüfung nach dem Verfüllen und Entfernen des Verbaus. Nach DIN EN 1610 [ix] wird hierzu der Prüfabschnitt mit Wasser bis zum Geländeniveau gefüllt. Durch diese Füllung der Schächte ergibt sich ein über die Höhe variabler Prüfdruck, welcher an der Schachtoberkante auf Null absinkt. Während der Prüfung ist der Wasserspiegel konstant zu halten und die erforderliche Wasserzugabemenge ist zu messen (Bild 2).

 

Bild 2: Dichtheitsprüfung auf der Baustelle bei unverfüllter Schachtbaugrube

 

Im Rahmen der Erstprüfung sowie Eigen- und Fremdüberwachung sind die Hersteller nach Landesbauordnung NRW verpflichtet, ihre Schächte entsprechend der Anforderungen nach DIN 4034 T1 [iv] bereits im Werk zu prüfen. Das IKT begleitete einige dieser Prüfungen in den Betonwerken. Da bei den Betonrohrherstellern die Dichtheitsprüfung der Schachtringe und nicht die Prüfung der Verbindungen, d. h. der Elastomerdichtungen, im Vordergrund steht, werden in das Schachtsystem über Kettenzüge oder Druckzylinder hohe Vorspannkräfte eingeleitet (Bild 3). Die Schächte werden so vorgespannt, dass die nach DIN 4034 T1 [iv] üblichen Schachtverbindungen stets einen zur Erreichung der Dichtheit ausreichenden Anpressdruck aufweisen. Tritt Wasser im Verbindungsbereich aus, so besteht immer wieder die Möglichkeit die Vorspannkraft so zu erhöhen bis die Verbindung "dicht" ist.

 

Bild 3: Schachtdichtheitsprüfung in Betonfertigteilwerken mit Kettenzugliedern oder Druckzylindern

 

Diese Vorgehensweise ist nach geltenden Normen auch durchaus zulässig, sie senkt allerdings die Anforderungen an die Schachtverbindung, so dass gewissermaßen nur der Beton gemäß DIN 1048 [x] auf Wasserdichtheit geprüft wird. Die Normen regeln die Vorspannkraft bisher nicht. Sie enthalten keine Hinweise, wie die hohen Auftriebskräfte bei der Werksprüfung sachgemäß abzuleiten sind. Darüber hinaus wird ausschließlich die Dichtheit gegenüber Innendruck geprüft. Es wird - selbst im Rahmen der grundsätzlichen Erstprüfung nach DIN 4034 [iv] - kein Zusammenhang zur Dichtheit gegen Außenwasserdruck, wie er z.B. im Grundwasser auftritt, hergestellt.

Kann das denn sein?

Das IKT wurde daher Ende Mai vom Ministerium für Umweltschutz und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW damit beauftragt den oben erwähnten Sachverhalt aufzugreifen und Vorschläge zu einer neuen zuverlässigen Prüfmethode zu entwickeln. Mit entscheidend ist hierbei, welche und wie die Vorspannkräfte aufzubringen sind, damit gleiche Aussagen zur Dichtheit seitens des Herstellers, als auch des Prüfers auf der Baustelle getroffen werden können.

Das IKT sucht daher Kontakt zu interessierten Netzbetreibern, die positive und/oder negative Erfahrung bei der Abnahmeprüfung gemacht haben Herstellern von Schachtbauteilen, die im Rahmen der Erst-, Eigen- und Fremdüberwachung prüfen und Fachbaufirmen, die über auftretende Probleme auf der Baustelle berichten können. Zudem sind wir interessiert eine solche Abnahmeprüfungen vor Ort zu begleiten.

Fühlen Sie sich angesprochen? So sprechen Sie uns an oder diskutieren Sie mit im IKT-Diskussionsforum.

 
Richten Sie bitte Ihre Anfragen an:

Dipl. Ing. (FH) Stefan Kötters
IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur
Tel. 0209 / 17806-0
Email: koetters@ikt.de
Internet: www.ikt.de

 

 

[i]      Bosseler, B.; Schlüter, M.; Koutsenok, V.: Entwicklung und Prüfung neuartiger Schachtverbindungen für Abwasserschächte aus Stahlbeton. IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur, Gelsenkirchen, Dezember 2001. Im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW.

[ii]      Bosseler, B.; Homann, D.; Kaltenhäuser, G.: Bundesweite Umfrage zur Sanierung von Schachtbauwerken im Bereich der Abwassertechnik mittels Beschichtungsverfahren. IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur, Gelsenkirchen, Juli 2001. Im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW, download www.ikt.de

[iii]      Entwurf DIN 4034 Teil 100: Schächte aus Beton- und Stahlbetonfertigteilen; Teil 100: Schächte für erdverlegte Abwasserkanäle und –leitungen. (07.99)

[iv]      ATV-A 241: Bauwerke in der Kanalisation. (05.98)

[v]      DIN 4034 Teil 1: Schächte aus Beton- und Stahlbetonfertigteilen; Schächte für erdverlegte Abwasserkanäle und –leitungen; Maße, Technische Lieferbedingungen. Teil 1. (09.93)

[vi]      FBS-Qualitätsrichtlinie Teil 1: Betonrohre, Stahlbetonrohre, Vortriebsrohre und Schachtbauteile für erdverlegte Abwasserkanäle und –leitungen mit FBS-Qualität. Ausführungen, Anforderungen und Prüfung. (08.00)

[vii]      DIN 4060: Rohrverbindungen von Abwasserkanälen und –leitungen mit Elastomerdichtungen, Anforderungen und Prüfungen an Rohrverbindungen, die Elastomerdichtungen enthalten. (02.98)

[viii]      Merkblatt ATV-M 143, Teil 6: Inspektion, Instandsetzung, Sanierung und Erneuerung von Abwasserkanälen und –leitungen; Dichtheitsprüfungen bestehender, erdüberschütteter Abwasserleitungen und –kanälen und Schächte mit Wasser, Luftüber- und Unterdruck. (06.98)

[ix]      DIN EN 1610: Technische Regeln für die Bauausführung von Abwasserleitungen und –kanälen. (10.97)

[x]      DIN 1048 Teil 2: Prüfverfahren für Beton, Festbeton in Bauwerken und Bauteilen. (06.91)



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