IKT-eNewsletter Juli 2004 | |
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Sanierung von privaten Entwässerungsleitungen, Teil 7: Handlungsempfehlung | ||||||||
Was ist zu tun, wenn dem öffentlichen
Abwassernetz Fremdwasser aus privaten Hausanschlüssen zufließt? Wie kann
der Netzbetreiber dem meist überforderten Bürger bei privaten Planungs-
und Sanierungsarbeiten helfen? Das IKT – Institut für Unterirdische
Infrastruktur steht der Stadt Rheine bei Planung und Umsetzung ebensolcher
Maßnahmen beratend zur Seite. Im vorliegenden siebten und letzten Teil der
IKT-eNewsletter-Reihe "Sanierung von privaten Entwässerungsleitungen:
Koordinierung durch den öffentlichen Netzbetreiber" werden Ihnen alle
Teilschritte eines möglichen Lösungskonzeptes vorgestellt. Im Januar diesen Jahres wurden Ihnen im ersten Teil der IKT-Newsletterreihe "Sanierung von privaten Entwässerungsleitungen: Koordinierung durch den öffentlichen Netzbetreiber" einige der grundsätzlichen Ergebnisse des Modellprojekts in der Stadt Rheine präsentiert. Im zweiten Teil der Serie (Februar 2004) stand dann der rechtliche Hintergrund im Fokus. Fragen zu den Rechten und Pflichten bei der Ableitung von Fremdwasser wurden beantwortet. Zusätzlich wurde die Frage geklärt, auf welcher Grundlage Sanierungsverfügungen erlassen und welche Kosten auf die Abwassergebühr umgerechnet werden dürfen. Im dritten Teil der Serie (März 2004) konnten Sie nachlesen, welche Beratungsleistungen von den Grundstückseigentümern erwartet werden, wie genau die Kosten der Sanierungen im Vorfeld abgeschätzt und wie intensiv die Eigentümer in die Sanierungsplanung einbezogen werden sollten. Der vierte Teil der Serie (April 2004) beschäftigte sich mit den Fragestellungen, welche Methoden zur Bestimmung von Fremdwasserzuläufen eingesetzt werden sollten, was bei der Zulassung von Sachkundigen zu beachten ist, wie eine Gleichbehandlung aller Grundstückseigentümer sichergestellt werden kann, wie durch den geschickten Einsatz von Dichtheitsprüfungen Kosten bei der Sanierung eingespart werden können und wie die Sanierungsmaßnahmen abgenommen werden sollten. Im fünften Teil der Serie (Mai 2004) ging es um die effiziente und bürgernahe Planung der Sanierungen auf einzelnen Grundstücken, die Ausschreibung der Maßnahmen und die Auswahl einer geeigneten Sanierungsfirma. Im letzten Monat (Juni 2004) wurde der Personal- und Kostenaufwand dargestellt. Hier wurde beantwortet, mit welchem Personalaufwand bei der Koordinierung von Sanierungsmaßnahmen zu rechnen ist und wie hoch die Kosten für Inspektions-, Reinigungs- und Dichtheitsprüfungsarbeiten sowie für notwendige Sanierungen sind. Im vorliegenden letzten Teil der Serie "Sanierung von privaten Entwässerungsleitungen: Koordinierung durch den öffentlichen Netzbetreiber", soll abschließend dargestellt werden, welche Einzelschritte ein kommunaler Netzbetreiber vornehmen kann, wenn Prüfungen und/oder Sanierungen in einem größeren Gebiet koordiniert durchgeführt werden sollen. Alle Angaben beziehen sich auf die Situation der Stadt Rheine (NRW). Dort wurden bei einem Modellprojekt 163 Besitzern von fremdwasserbelasteten Hausanschlüssen die Unterstützung bei der Inspektion sowie u.U. der Planung und Umsetzung von notwendigen Sanierungsmaßnahmen angeboten. |
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Handlungsempfehlung Auf Basis der Erfahrungen, die während der in der Stadt Rheine durchgeführten Maßnahmen gesammelt werden konnten, wird das folgende, gestaffelte Vorgehen für eine koordinierte Umsetzung von Prüfungs- und Sanierungsmaßnahmen an Leitungen der Grundstücksentwässerung speziell unter dem Aspekt der Fremdwasserverminderung vorgeschlagen: |
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I. Gebietsbildung Fremdwasserbelastungsschwerpunkte werden z.B. mittels Durchflussmessungen im öffentlichen Kanalnetz bei hohen Grundwasserständen oder aufgrund von Betriebserfahrungen, z.B. bei Schmutzwasser-Pumpwerken, ermittelt. Anschließend wird das Kanalnetz in Abhängigkeit der Fremdwasserbelastung in einzelne Gebiete eingeteilt. |
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Abbildung 1: Beispiel einer Gebietsbildung Fremdwasserbelastung |
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II. Festlegung des zeitlichen Ablaufs Anschließend legt die Kommune per Satzungsbeschluss die Fristen für vorgezogene Dichtheitsprüfungen gemäß §45 BauO NW in den unter Punkt I ermittelten Gebieten fest. Die Benebelung, Kamerabefahrung und Sanierungsplanung werden an diesen Zeitplan gebunden. Es bietet sich an, das Vorgehen in den einzelnen Gebieten mit dem Bauprogramm im öffentlichen Bereich abzustimmen. |
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III. Abstellen von Fehlanschlüssen In Gebieten mit einer Trennkanalisation werden Benebelungen der Hausanschlüsse in den ausgewählten Gebieten durchgeführt, um Fehlanschlüsse im Vorfeld zu erkennen und diese beheben zu können. Alle Grundstückseigentümer, bei deren Entwässerungsanlagen Fehlanschlüsse vorliegen, werden angeschrieben und aufgefordert, diesen Missstand abzustellen. Nach dem Ablauf einer ausreichenden Frist (z.B. nach drei Monaten) werden die Hausanschlüsse erneut benebelt, um zu überprüfen, ob die Grundstückseigenümer der Aufforderung nachgekommen sind. Wenn die Fehlanschlüsse nicht beseitigt worden sind, werden Sanierungsverfügungen erlassen. |
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IV. Inspektion aus Hauptkanal heraus Im Anschluss werden bei einer Kamerabefahrung des öffentlichen Kanals Fremdwasserzuläufe aus Hausanschlüssen aufgenommen. Zusätzlich können alle Hausanschlüsse des Gebietes mit einer Satellitenkamera so weit wie möglich befahren werden. Die Kamerabefahrung wird nach Möglichkeit zu Zeiten hoher Grundwasserstände, d.h. im Regelfall in den Monaten Februar – April, durchgeführt. |
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Abbildung 2: Drainage |
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V. Information der Grundstückseigentümer
/ Erste Kostenübernahmeerklärung Alle Bürger in dem betreffenden Gebiet werden angeschrieben und darauf hingewiesen, dass Handlungsbedarf besteht und welche Arbeitsschritte notwendig sein werden. Wurde bei der im Vorfeld erfolgten Befahrung des öffentlichen Kanals die Notwendigkeit für eine Sanierung der privaten Leitungen deutlich oder lässt das Alter der Entwässerungsleitungen auf die Sanierungsnotwendigkeit schließen, dann werden die betroffenen Anschlussnehmer bereits zu diesem Zeitpunkt darauf hingewiesen. Den Bürgern wird mitgeteilt, dass in einem ersten Schritt die notwendige Dichtheitsprüfung sowie bei undichten Leitungen eine Reinigung und TV-Inspektion der Leitungen von der Kommune organisiert werden können und dass dies mit einer Kostenersparnis für den Bürger verbunden ist. Mit dem Anschreiben werden Vordrucke für Kostenübernahmeerklärungen an die Grundstückseigentümer verschickt. In den Vordrucken sollten bereits näherungsweise Kosten für die Untersuchung genannt werden, die bereits die Begleitung der Maßnahmen durch einen Mitarbeiter eines beauftragten Ingenieurbüros enthalten. |
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VI. Ausschreibung der
Dichtheitsprüfungen/Voruntersuchungen als Sammelauftrag Nach Eingang der Kostenübernahmeerklärungen beauftragt die Kommune Fachunternehmen mit der Durchführung der Dichtheitsprüfungen und der weitergehenden Untersuchungen sowie Ingenieurbüros mit der Begleitung der Prüfungen. |
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VII. Durchführung der Dichtheitsprüfungen
Im ersten Schritt sollte eine Wasserdichtheitsprüfung nach DIN 1986, Teil 30 am gesamten Entwässerungsnetz durchgeführt werden. Wird z.B. bereits beim Öffnen der Revisionsklappen im Vorfeld der Dichtheitsprüfung ein Fremdwasserfluss in den Leitungen festgestellt, sollte direkt von der Undichtigkeit der Leitungen ausgegangen werden. |
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Abbildung 3: Fremdwasserfluss in der Leitung sichtbar |
Abbildung 4: Dichtheitsprüfung mit Wasser |
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Bürger, die es vorziehen, selber ein
zugelassenes Fachunternehmen zu beauftragen, sollten die kompletten
Untersuchungsergebnisse inkl. dem Dichtheitsprüfprotokoll der Kommune zur
Verfügung stellen. Ergibt sich die Dichtheit der Leitungen bei der Prüfung, werden Dichtheitsbescheinigung nach §45 BauO NW von der Kommune ausgestellt. Der Bürger zahlt eine geringe Kostenpauschale zur Deckung der Kosten für die Ausstellung der Bescheinigung. |
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VIII. Weitergehende Untersuchungen bei
undichten Leitungen Ergibt sich die Undichtigkeit der Leitungen, wird dem Bürger mitgeteilt, dass eine Sanierung seiner Abwasseranlagen durchzuführen ist. Gleichzeitig wird ihm durch den anwesenden Mitarbeiter des beauftragten Ingenieurbüros direkt vor Ort angeboten, dass die Planung und Ausführung der notwendigen Sanierung von der Kommune koordiniert werden kann. Der Grundstückseigentümer kann das ausführende Fachunternehmen direkt mit der TV-Untersuchung der Leitungen als Basis für die Sanierungsplanung beauftragen. Der Mitarbeiter des beauftragten Ingenieurbüros kann bei einer grundsätzlichen Zustimmung der Grundstückseigentümer parallel die Entwässerungssituation mit den Bauakten abgleichen bzw. eine neue Planskizze erstellen. Im Gespräch mit dem Grundstückseigentümer sollten spezielle Wünsche bzgl. der Sanierungsverfahren und der Sanierungsausführung geklärt werden. |
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IX. Zweite Kostenübernahmeerklärung Die anhand der Netztypenbildung, der Informationen aus den Bürgergesprächen und den Ergebnissen der TV-Inspektion geschätzten Kosten für die Sanierung der Entwässerungsleitungen werden dem Bürger mit der Vorlage zur Kostenübernahmeerklärung mitgeteilt. In diesen Kosten sollten die beim ausführenden Ingenieurbüro anfallenden Planungs- und Beratungskosten ebenfalls enthalten sein. Wiederum wird auf die Kostenersparnis für den Bürger hingewiesen, die sich durch die Bündelung möglichst zahlreicher Einzelmaßnahmen und der Umlegung der Kosten auf die einzelnen Grundstücke ergeben kann. Dem Bürger steht es frei, die Sanierung selbst durchzuführen, allerdings müssen die Leitungen nach Fertigstellung unter Aufsicht der Kommune auf Dichtheit geprüft werden. |
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X. Planung der Sanierungen Wird das Angebot der Kommune zur Koordinierung der Sanierungsmaßnahmen von den Grundstückseigentümern angenommen, beauftragt die Kommune ein Ingenieurbüro mit der Planung der Sanierungen auf den einzelnen Grundstücken. Das Ingenieurbüro plant die Sanierungen unter Berücksichtigung der Vorgaben der Kommune z.B. bezüglich der einzusetzenden Sanierungstechnik und nach Rücksprache mit den Grundstückseigentümern. Für die Sanierung aller beteiligten Grundstücke wird ein Sammelleistungsverzeichnis erstellt. |
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XI. Ausschreibung der Sanierungen als
Sammelleistungsverzeichnis Die Kommune schreibt die Maßnahmen öffentlich aus und vergibt die Arbeiten als Sammelauftrag an eine geeignete Sanierungsfirma. |
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XII. Vorfinanzierung der Gesamtmaßnahme
durch die Kommune Die Kommune finanziert die Gesamtmaßnahme vor. Anschließend zahlen die Grundstückseigentümer die Einzelbeträge je Grundstück an die Kommune. |
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In der nachfolgenden Abbildung ist die Empfehlung zu einem möglichen Gesamtvorgehen bei koordinierten Prüfungs- und Sanierungsmaßnahmen an Grundstücksentwässerungsleitungen als Ablaufschema dargestellt. |
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Abbildung 5: Ablaufschema
zum Vorgehen bei koordinierten Prüfungs- und |
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Für
weitere Informationen Dipl.-Ing. René Puhl IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur Exterbruch 1 45886 Gelsenkirchen Tel.: 0209 17806-22 Fax.: 0209 17806-88 Email: puhl@ikt.de Internet: www.ikt.de |
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